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Gastbeitrag von Verena Landmeier mit hilfreichen Tipps für eine physische und psychische Entlastung in nur zwei Minuten. 

Die Beratung rund um gesundes Arbeiten und gesunde Arbeitsabläufe ist im Bereich Büro mittlerweile Standard für Ergonomiefachkräfte. Doch wie sieht es mit Bereichen aus, für die es noch keine Schablonen gibt?

Expertin für Ergonomie und Rückengesundheit und Physiotherapeutin Verena Landmeier aus dem Gesundheitszentrum centrumed in Osnabrück hat mit ihrem Kollegen Sebastian Brandt ein Konzept für OP-Fachkräfte mit Übungssets für Minipausen während Operationen entwickelt. Diese basieren auf den durch Beobachtung und Befragung ermittelten Beschwerdepunkten des Personals. Die zweiminütigen intraoperativen Pausen sollen dem physischen und mentalen Ausgleich während mehrstündigen Operationen dienen. Teilnehmende Personen an diesem Pilotprojekt im Klinikum Osnabrück sind die operierenden Ärzte und das Pflegepersonal in der Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie.

Pilotprojekt zu den Effekten von aktiven Pausen im OP

Das Klinikum Osnabrück hat in einer aktuellen Studie in der Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie die Kurz- und Langzeiteffekte von diesen Minipausen im OP untersucht. Unter der Leitung von PD Dr. Jürgen Tepel, Dr. Stephanie Nobis, Tatjana Dellos und Alexandra Höger, wurden die Wirkungen in Bezug auf körperliches Schmerzempfinden, Konzentrationsfähigkeit, Ermüdung und Stress der Chirurgen sowie der OP-Pflege untersucht.

Du fragst dich, warum solche Minipausen notwendig sind? Der Grund dafür sind die nicht ideale Ausgangssituation und die Verhältnisse während einer mehrstündigen Operation. Sie erfordern ungünstige Ausgangsstellungen für das beteiligte Personal, das bedeutet für den Chirurgen und das Pflegepersonal, dass sie in ständiger Beugung der Hals- und Brustwirbelsäule zusammen mit einer vorgeschobenen Schulterposition arbeiten. Für den Unterkörper hat das lange Stehen einerseits häufig funktionelle Schiefstände des Beckens sowie Muskeldysbalancen und andererseits einen venösen Rückstau in den Beinen zur Folge.

Neben der körperlichen Belastung steigt auch die mentale Beanspruchung durch den notwendigen Erhalt der Konzentrationsfähigkeit über lange Zeiträume. Außerdem stellen schnelle Wechselzeiten eine Herausforderung für das OP-Personal dar.

Ziel der aktiven Bewegungspausen soll daher vor allem die kurzfristige Entlastung der beanspruchten Muskelbereiche und Strukturen sein. Der Fokus liegt dabei klar auf der Aufrichtung der Wirbelsäule. Die Übungen der Minipause sind so gewählt und zusammengestellt, dass sie eine Ausgleichsbewegung zur Arbeitstätigkeit darstellen und so für Entlastung der belasteten Strukturen sorgen. Diese gezielten Haltungswechsel unterbrechen die Bewegungsmonotonie und schulen gleichzeitig die eigene Arbeitsergonomie durch Sensibilisierung für gesunde Haltungs- und Bewegungsmuster. In der Praxis heißt das: funktionelle Gelenkmobilisation, Muskelanspannung und bewusste Bewegungen in die Ausgleichshaltung. Eine Aktivierung des Herz-Kreislauf-Systems wirkt den langen Standphasen entgegen.

Um die Voraussetzungen für einen mentalen Ausgleich zu schaffen, werden gezielt Übungen kombiniert, die über eine Regulation der Haltung, Bewegung und Atmung, verbunden mit einer Sammlung der Aufmerksamkeit auf diese Prozesse, wirken.

Die größte Herausforderung waren dabei sicherlich die Hygiene- und Sterilitätsanforderungen im Operationssaal. Trotz dieser bestehenden Auflagen soll durch einfache und effektive Übungen in kurzer Zeit ein Moment der körperlichen und mentalen Entspannung erreicht werden. Bei der Auswahl der Übungen wurde darauf geachtet, dass diese einfach und schnell zu erlernen und umzusetzen sind, damit es keines langen „Überlegens“ bedarf.

Wie genau läuft so eine Minipause während einer OP ab?

Durch ein akustisches Signal wird das OP-Team auf den Start der Minipause aufmerksam gemacht. Der operierende Arzt entscheidet dann, ob die Pause stattfinden kann. Diese wird natürlich nur dann durchgeführt, wenn der Zustand des Patienten und der Stand der Operation es zulassen. Sollte eine Pause möglich sein, tritt das Team für zwei Minuten vom Tisch zurück.

Per Zufall wird entschieden, ob eine Pause zur körperlichen oder mentalen Entspannung gemacht wird. Was folgt, ist eine Form physischer Intervention, zum Beispiel Dehnübungen für belastete Muskelgruppen oder eine kognitive Stressentlastung durch Achtsamkeitsübungen.

Eine durch das centrumed erstellte Audioaufnahme begleitet das OP-Team mit kurzen und klaren Anweisungen. Sind die 120 Sekunden abgelaufen, wird die Operation direkt fortgeführt. Obwohl die Minipausen anfangs teilweise belächelt wurden und einige der Teilnehmer durchaus skeptisch waren, konnte nach Ablauf der Studienzeit eine überwiegend positive Resonanz festgestellt werden.

Motivationsboost für konzentriertes Arbeiten

Die Effekte der Minipausen sind dabei schnell zu erkennen: Die Beteiligten gaben deutliche Verbesserungen hinsichtlich des Schmerzempfindens der Arme, des Nackens und der Schultern an. Die naheliegende Befürchtung, ob eine solche Unterbrechung die Chirurgen oder die OP-Pflege von der Operation ablenkt, beantwortet der Chefarzt Dr. Tepel so: „Wenn man als Operateur den Widerstand gegen das Pausemachen überwunden, zwei Schritte Abstand vom Patienten genommen hat und sich bewusst bewegt, verspürt man einen enorm positiven Effekt im eigenen Körper, der sich unter anderem in einer erfrischten Konzentrationsfähigkeit äußert.“ „Die Übungen verleihen einen Motivationsboost, der dafür sorgt, dass alle hochkonzentriert an den OP-Tisch zurückkehren“, ergänzt ein Operationstechnischer Assistent den ebenfalls wahrgenommenen Effekt.

Der Wunsch nach einer dauerhaften Einführung ist also gegeben. Besonders beliebt am Klinikum Osnabrück sind die körperlichen Übungen, die es ermöglichen, den Körper aus fixierten Haltungen und Halbrotationen zu befreien. Verena Landmeier und Sebastian Brandt beschreiben außerdem einen weiteren positiven Effekt der gemeinsamen Minipause: Teambuilding. „Die Time-outs auf Dauer durchzuhalten, resultiert erfahrungsgemäß aus einer gewissen Verpflichtung gegenüber der Gruppe“, erklärt Brandt. In einer Gruppe falle die individuelle Entscheidung, etwas für die eigene Gesundheit zu tun, weg und werde durch eine einmalige, für alle geltende Entscheidung ersetzt. Das macht es einfacher.“

Die Resonanz im Bereich der Chirurgie ist so positiv, dass die Minipausen auch in Teams anderer Klinikbereiche integriert werden sollen.

Weniger Belastungen in Klinikküche durch kurze Pausen

So wurden die aktiven Bewegungspausen nun mit Unterstützung vom centrumed und Verena Landmeier im Sommer 2021 zusätzlich in der Klinikküche, im Bereich der Spülküche und der Portionierung eingeführt. Auch dort gaben die Mitarbeiter immer häufiger Beschwerden im Bereich des Rückens an, vor allem in der Hals- und Lendenwirbelsäule, die durch lange Stehphasen und einseitige Haltungen ausgelöst werden. Die positiven Effekte wurden hier auch ohne Studienbegleitung schnell deutlich: Die Unterbrechungen führen zu kurzfristiger körperlicher Entlastung mit dem Ziel, genau wie im OP, unvermeidbare Belastungen so zu gestalten, dass einem Verschleiß entgegengewirkt wird.

Kontaktinformationen
Verena Landmeier | centrumed
Betriebliches Gesundheitsmanagement
AGR-Expertin üfr Ergonomie und Rückengesundheit
49080 Osnabrück
Tel.: 0541 2009956
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www.centrumed.de