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Die Eltern unter uns werden es kennen: Wenn wir an die Entwicklung unserer Kinder denken, kommt uns nur selten die Entwicklung ihres Rückens in den Sinn. Rückenschmerzen bei Kindern? Das ist für viele unvorstellbar. Aber warum eigentlich? Das Thema ist auch in jungen Jahren schon so wichtig. Rückenschmerzen kennen kein Alter und gerade im frühen Kindesalter werden die Grundsteine für die spätere Gesundheit gelegt. Dabei können Umgebungen und bestimmte Verhältnisse die Entwicklung der Kleinen und deren Rückengesundheit fördern.

Du fragst dich, wie du dein Kind dabei unterstützen kannst? Dr. Dieter Breithecker hat uns das Ganze mal genauer erklärt. Er ist Sportwissenschaftler, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung (BAG) e. V. sowie fachlicher Berater der Aktion Gesunder Rücken e. V. – also einer der es wissen muss!

Die ersten 11 Lebensjahre eines Kindes sind geprägt durch sehr sensible Reifungsprozesse des Körpers und des Gehirns. Die vielfältigen Wahrnehmungs- und Bewegungserlebnisse können ganz schön aufregend sein. Eltern können ihre Kinder dabei bewusst unterstützen und eine Menge zu einer (rücken-)gesunden Entwicklung beitragen. Ein anregungsreiches Lebensumfeld, in dem alle Sinne aktiviert werden, sollten die Kleinen am besten selbst in Bewegung erkunden, entdecken und gestalten können. Eine wichtige Grundlage und auch Reserve für das weitere Leben!

In den so unterschiedlichen Entwicklungsstadien kannst du eine Menge dafür tun, um dein Kind zu fördern und spätere Haltungsschäden oder Rückenschmerzen zu verhindern.

Das erste Lebensjahr

Du wirst bestätigen können, dass sich die Kinder im ersten Lebensjahr bereits rasant entwickeln. Eine spannende Zeit, in der dein Sprössling jeden Monat dazulernt. Das erste Lächeln, die ersten Krabbelversuche, das erste Wort und der Beginn des Laufenlernens bleiben in Erinnerung. Dr. Breithecker erklärt, dass die vielfältigen Sinneserfahrungen der Reize in der Umgebung wichtige Meilensteine in der sensomotorischen Entwicklung sind. Er betont: „Diese Erfahrungen macht das Kind vor allem im Austausch mit seinen Eltern, indem diese es ermuntern, mit ihm reden, es bestätigen und seine Neugier sowie sein Vergnügen an den vielen neuen Dingen teilen.“

Im Kleinkindalter

Mit zwei bis drei Jahren wird die motorische Entwicklung weiter ausgebaut:

  • Das selbstständige und freie Gehen verbessert sich
  • Es wird gerannt, gesprungen und gehüpft
  • Treppenstufen werden ohne Hilfe erklommen und heruntergesprungen
  • Aufregende Klettererlebnisse werden gesammelt
  • Die ersten Gleichgewichtsherausforderungen auf niedrigen Mauern oder umgefallenen Bäumen werden gemeistert

Uns Erwachsenen kommt in dieser Phase eine besondere Verantwortung zu. Der Experte rät, diese natürlichen Bewegungsmuster durch vielseitige Angebote zu unterstützen. Am besten in der Natur!

Das dritte bis fünfte Lebensjahr

Und der rasche Fortschritt geht weiter! Zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr werden die zuvor erworbenen Fähigkeiten weiterentwickelt, neue Orte und Herausforderungen warten auf deinen Nachwuchs. Ein gemeinsamer Aufenthalt auf dem Spielplatz oder der Wiese, ein Spaziergang im Park, im Wald oder auf dem Feld: Nicht nur schöne Momente mit der Familie, die Kinder lernen auch neue Fertigkeiten und üben sich geschickter und sicherer zu bewegen. Bald schon sind

  • vorwärts und rückwärts laufen,
  • sich im Kreis drehen,
  • klettern,
  • hüpfen,
  • über und in Pfützen springen,
  • balancieren und
  • Bälle werfen oder fangen

ein Kinderspiel! Wusstest du, dass man bereits ab vier Jahren das Fahrradfahren lernen kann? Wir müssen nur uns und den Kindern das Vertrauen schenken, dann wird auch alles zu seiner Zeit klappen.

Entwicklungsbremsen für den Kinderrücken

Kommen wir nun zu den Entwicklungsbremsen für den Rücken in diesem frühen Kindesalter. Dr. Breithecker spricht dabei vor allem von einer ungenügenden Unterstützung der kindlichen Entwicklungsprozesse: „Dies ist gegeben, wenn man den anlagebedingten und natürlichen Verhaltensbedarfen der Kinder unzureichend gerecht wird“. Der Experte rät, dass Eltern sich ausreichend Zeit für gemeinsame Aktivitäten nehmen und vielseitige Wahrnehmungs- und Bewegungsreize zur Verfügung stellen sollten. Überbehütung kann in diesem Kontext kontraproduktiv wirken, es ist jedoch ein sehr sensibles und häufig diskutiertes Thema. Aber auch hier fällt wieder das Stichwort Vertrauen, denn Kinder zeigen uns Erwachsenen, welche Bewegungen sie benötigen und was sie bereits allein können wollen. Wir müssen einfach nur versuchen, uns darauf einzulassen. Risiken dürfen zugelassen werden, Gefahren sollten aber natürlich verhindert werden. Fallen lernt man nun einmal nur durch hinfallen und ein aufgeschürftes Knie – kennen wir doch alle aus unserer Kindheit, oder? Wichtig ist, dass wir den Kindern Zeit, Empathie und Raum schenken.

Ab in die Schule

Und wieder beginnt ein neuer aufregender Lebensabschnitt! Viele Eltern machen sich besonders in Bezug auf die leider oft zu schweren Schulranzen Sorgen um die Gesundheit ihrer Kinder – definitiv ein wichtiges Thema. Der größte Stolperstein ist jedoch die deutliche Zunahme der Sitzzeit, dies kann gravierendere gesundheitliche Folgen haben als ein zeitlich überschaubar getragener Schulranzen. Mit der Zunahme der Sitzzeit geht auch die Abnahme der täglichen Bewegungszeit einher, die körperlichen Fähigkeiten werden geschwächt.
Mitverantwortlich ist hier auch die vielseitige und zunehmende Nutzung digitaler Endgeräte.

Wichtig für dich zu wissen: du kannst die richtigen Weichen stellen! Umfassende Informationen und Tipps für den Kauf von rückenfreundlichen Schulranzen und Sitzmöglichkeiten findest du wie gewohnt hier auf unserer Internetseite. Du suchst noch nach Anregungen, wie Schule und Freizeit bewegter gestaltet werden können? Hier wirst du auf der Internetseite der BAG fündig!

Erinnerung an die eigene Kindheit

Dr. Dieter Bretihecker gibt uns noch einen wirklich schönen Tipp mit auf den Weg: „Erwachsene sollten sich einmal die Zeit nehmen und die Augen für eine Minute schließen. Lasse deine Kindheitserlebnisse einmal in dein Bewusstsein hinein. Hoffentlich eine Kindheit ohne Helikoptereltern und mit vielen selbstorganisierten aktiven und spannenden Erlebnissen mit Gleichaltrigen in einer natürlichen Umgebung. Auch wenn wir nicht all diese Erinnerungen auf die heutige Zeit reflektieren können, vieles davon ist aber für eine gesunde Entwicklung unabdingbar.“

Mehr erfährst du unter: www.agr-ev.de/kinderruecken

Dr. Dieter Breithecker: Sportwissenschaftler und Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung (BAG) e. V.