Rückenwelt

Im Beruf 25 U-Bahn- und Busfahrer sind täglich Dutzende Kilometer unterwegs. Sie sorgen dafür, dass ihre Passagiere mobil sind – und sitzen dafür selbst lange Zeit unbewegt am Steuer. „Menschen in westlichen Kulturkreisen verbringen schon von Kindesbeinen an zu viel Zeit im Sitzen. Fahrer oder Büroangestellte sitzen bis zu elf Stunden am Tag“, erklärt Dr. Dieter Breithecker, Vorstand Forum Gesunder Rücken - besser leben e. V. „Unsere Muskulatur ist für eine solche statische und passive Inanspruchnahme nicht geschaffen.“ Drei von vier Deutschen leiden laut einer Umfrage der Aktion Gesunder Rücken e.V. mindestens einmal im Monat unter Rückenschmerzen. 30 Prozent der Befragten sogar täglich. „Wie kein anderer Teil unseres Körpers ist der Rücken darauf angewiesen, dass wir ihn permanent bewegen”, erklärt Dr. Breithecker. Aktivität im Büroalltag Ausreichend Pausen, Lockerungsübungen und Haltungswechsel wo immer möglich, sind deswegen für viele Berufstätige wichtig. Ebenso spielen geeignete Sitze oder Stühle für Fahrer und Büroarbeitende gleichermaßen eine große Rolle – und sind die Basis für rückenfreundliches Sitzen. Anders als Busfahrer haben Büroarbeiter aber unzählige weitere Möglichkeiten, ihrem Rücken etwas Gutes zu tun: Wer zwischendurch mal am Stehpult liest oder tippt und beim Telefonieren etwas umherläuft, entlastet Wirbelsäule, Schulter und Nacken. Zudem kann ergonomisches PC-Zubehör – wie Maus und Tastatur – helfen, Belastungen zu reduzieren und Verspannungen vorzubeugen. Menschen, die wie Berufsfahrer nicht die Möglichkeit haben, während der Arbeit die Position oder die Haltung zu wechseln, sollten auf Pausen mit Bewegung Wert legen und in ihrer Freizeit unbedingt für Ausgleich sorgen. Wer diese Ratschläge befolgt, tut nicht nur seinem Rücken, sondern seinem ganzen Körper etwas Gutes, erklärt Dr. Breithecker: „Das viele bewegungsarme Sitzen kann nicht nur Rückenschmerzen verursachen. Mittel- und langfristig viel gravierender sind die dadurch ausgelösten Stoffwechselstörungen. Das metabolische Syndrom mit Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes 2 sind sehr wahrscheinliche Folgen. Es gibt auch wissenschaftlich belegte Zusammenhänge zu Krebserkrankungen und Demenz.“ Auch bewegte Tätigkeiten können den Rücken belasten Doch es sind nicht nur die „Sitz-Jobs“, die den Rücken stressen, auch wenn viele daran als erstes denken. „Keine Haltung ist so gut, dass sie längere Zeit eingenommen werden sollte“, sagt Ulrich Kuhnt, Vorsitzender des Direktoriums des Bundesverbands deutscher Rückenschulen (BdR) und Leiter der Rückenschule Hannover: „Die nächste Haltung ist immer die beste”, weiß der Experte. Wer nur sitzt und mit der Hand die Maus bewegt (und das auch noch bei schlechten Lichtverhältnissen), der ist genauso „arm“ dran wie der Friseur, der den ganzen Tag auf einem harten Salonboden steht und die Schere schwingt. Solche stehenden Tätigkeiten beanspruchen Gelenke, Bandscheiben und Rückenmuskeln stark. Ausgleichende Bewegungen, Massagen und ein Fitnessprogramm beugen Schmerzen vor und vermeiden so Arbeitsausfälle. Wer sich in seinem Beruf viel bewegt, sollte ebenfalls auf seine Rückengesundheit achten – wie beispielsweise eine Pflegekraft, die gebrechlichen, teils schwergewichtigen Menschen beim Aufstehen, Umziehen oder Essen hilft. Genauso wie ein Maurer, der schwere Steine schleppt und ständig in Bewegung ist, besteht bei der Pflegekraft die Gefahr, dass sie bestimmte Abläufe mit ungleicher, körperlicher Belastung wiederholt. WISSENSWERTES Unspezifische Rücken- schmerzen Die meisten Menschen leiden unter sogenannten „unspezifischen“ Rückenschmerzen. Bei ihnen lässt sich also keine eindeutige Ursache für die Beschwerden finden. Unter anderem folgende Faktoren können die Schmerzen beeinflussen oder sie auslösen: Fehlbelastungen, zum Beispiel durch langes, unbewegliches Sitzen oder durch einseitige/ schwere körperliche Arbeit Muskelverspannungen (auch infolge einer Fehlbelastung) Bewegungsmangel und/oder eine schwache Rumpfmuskulatur Psychische Belastungen „Unsere Wirbelsäule ist darauf angewiesen, dass wir sie fordern.“ Dr. Dieter Breithecker, Sport- und Bewegungswissenschaftler, Experte für Verhältnis-/­ Verhaltensprävention, Gesunderhaltung, Ergonomie und Raum.

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