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16 BÜRO Nackenschmerzen Schulterschmerzen Armschmerzen Magenschmerzen Kreuzschmerzen Schmerzen in den Beinen 16 Foto: © glisic_albina / Fotolia Immer mehr Menschen verbringen den Großteil ihres Tages im Sitzen. Die Anzahl der Bildschirmar- beitsplätze steigt seit Jahrzehnten stetig an und auch in der Freizeit dominiert Sitzen den Alltag vieler Menschen. Diese Entwicklung bleibt nicht folgenlos: Vor allem in Kombination mit Bewe- gungsmangel kann die einseitige Haltung zu schmerzhaften Rückenbeschwerden und im Zuge ungünstiger Stoffwechselbedingungen zu weiteren degenerativen Erkrankungen führen. Dazu kommt: Durch stundenlanges und monotones Sitzen wird das Gehirn nicht ausreichend mit Sau- erstoff und wichtigen Nährstoffen (Hormone, Proteine) versorgt. Geistige Funktionen bauen ab, Aufmerksamkeit, Konzentration, Leistungsfähigkeit nehmen spürbar ab und die Produktivi- tät lässt nach. Kein Wunder, dass Schlagzeilen wie diese zunehmen: „Sitzen ist das neue Rauchen“, „Sitzen ist tödlich“ oder „Sitzen macht dumm“. Orthopäden, Bewegungs- und Arbeitswissenschaftler fordern deswegen mehr körperliche Aktivität, die in den (Büro-) Alltag integriert wird. Das heißt mehr Sitzhaltungswechsel, mehr Sitz-Steh-Dynamik und mehr Be- wegung in den uns zu Verfügung stehenden Räumen. Eine Faustregel lautet: 50 Prozent sitzen, 25 Prozent stehen und 25 Prozent bewegen. In der Konsequenz: Mehr Sitzdynamik während des Sitzens und deutlich weniger Sitzzeiten. Die gute Nachricht: Industrie und viele Arbeitgeber haben die empirisch belegten Daten zu den fol- genschweren Auswirkungen der dauerhaft sitzenden Arbeitshaltung bereits erkannt. Um den kom- plexen Zivilisationserkrankungen vorzubeugen und die „Workability“ (Arbeitsfähigkeit) der Men- schen aufrechtzuerhalten, sind die nachfolgenden geprüften und zertifizierten Empfehlungen für verhältnispräventive Lern-, Büro- und Freizeiträume von grundlegender Bedeutung. Die produktspe- zifischen Funktionen verfolgen den Anspruch, bedarfsgerechte und damit physiologische Verhaltens- weisen weitgehend zu ermöglichen. Sitzen, stehen und bewegen – für einen gesunden Rücken Dr. Dieter Breithecker Vorstandsmitglied im ForumGesunder Rücken – besser leben e.V. Sportwissenschaftler Präsident der Bundesarbeitsgemein- schaft für Haltungs- und Bewegungsför- derung e.V. www.haltungbewegung.de Zur Person Foto: © glisic_albina / Fotolia Vom statisch-passiven zum aktiv- dynamischen Sitzen Unumstritten ist, dass der Sitzarbeitsplatz ne- ben dem Arbeitstisch immer noch die Basis jeder Büroausstattung bzw. jedes Heimarbeits- platzes ist und trotz allermahnendenHinweise, dass wir für das längere Sitzen nicht geschaf- fen sind, auch in Zukunft eine dominante Rolle einnehmen wird. Allerdings setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass regelmäßige Bewegung für den Erhalt unserer körperlichen und geistigen Funktionen elementar ist und somit ein (Büro-)Stuhl, der bewegungsför- dernde Funktionen aufweist, immer mehr an Bedeutung gewinnt. So ist es nicht nur wichtig, dass (Büro-)Stühle allein auf die Körperproportionen der Nutzer anpassbar sind, ein Stuhl sollte die natürlichen und spontanen Sitzpositionsveränderungen der Nutzer zulassen und diese sogar fördern. Aktive und dynamische Sitzkonzepte unter- stützen ein koordiniertes Zusammenspiel von Beinen, Becken, Wirbelsäule, Schultern und Kopf. Dadurch werden — physiologische Haltungswechsel unter- stützt — körpereigene (senso-neuro-muskuläre) Regelkreisläufe gefördert — die Bandscheiben permanent mit Nähr- stoffen versorgt — die komplexen Rückenmuskeln stimu- liert — die mehr als 100 Gelenke an der Wirbel- säule in Bewegung gehalten — die inneren Organe dynamisch aktiviert — die Blutzirkulation und damit die Sauer- stoffversorgung optimiert — Hirnstoffwechselprozesse und damit Aufmerksamkeit und Konzentration aufrechterhalten Gesundes Sitzen auf rücken­ freundlichen (Büro-)Stühlen Jeder Stuhl, der für eine bestimmte Sitzphase besessen wird, sollte in seiner Form und Funk- tion so konzipiert sein, dass dessen Nutzung unsere Gesundheit nicht gefährdet. Ein „ergo- dynamischer“ (Büro-)Stuhl entspricht dem persönlichen Sitzkomfort bzw. Sitzbedarf und lässt natürliche rhythmische Be- und Entlas- tungswechsel auch im Sitzen zu. Ein solches physiologisches Sitzverhalten trägt entschei- dend dazu bei, dass unsere derzeit zivilisations- bedingte Bewegungsarmut verringert wird. In den letzten Jahren haben sich die ergonomi- schen Anforderungen an (Büro-)Stühle deutlich verändert. Zielte der klassische (Büro-) Stuhl auf die optimale Abstützung der Oberschenkel, des Gesäßes und des Rückens ab, so steht heu- te die Anforderung nach aktiven und variablen Sitzhaltungswechseln im Vordergrund. Die meisten Hersteller von (Büro-)Stühlen haben die auf wissenschaftlichen Daten basierenden physiologischen Erfordernisse nach intuitiven und bedarfsgerechten Sitzhaltungswechseln in technische Sitzfunktionen umgesetzt, so dass es inzwischen eine Vielfalt an (Büro-)Stühlen gibt, die diesem Anspruch weitestgehend ent- sprechen. Da Nutzerbedürfnis, Nutzungsdauer und individuelles Wohlbefinden wichtige Aus- wahl-Parameter darstellen, unterteilen wir un- sere Sitzmöbelempfehlungen in unterschied- liche Kategorien. Diese sollen bei der Auswahl helfen, denn beim passenden Stuhl kommt es auch darauf an, wo er zu Einsatz kommen soll.

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