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AKUTER BANDSCHEIBENVORFALL 8 nastik und stationärer Reha ist sie heute weit- gehend beschwerdefrei und wieder beruflich tätig. Untersuchungen der Krankenkassen zeigen, dass eine ärztliche Zweitmeinung im Falle einer OP-Empfehlung sinnvoll ist. Bis zu 90 Prozent der diagnostizierten Rückenopera- tionen werden in Folge der Beurteilung durch einen zweiten Arzt nicht durchgeführt. Auch Dr. Buchholz rät, „Stellt ein Arzt die Indikation für eine sofortige OP, ist es ratsam, eine zwei- te Meinung einzuholen. Außerdem empfehlen heute die medizinischen Fachgesellschaften, dass eine OP im Regelfalle frühestens nach sechs Wochen konservativer Therapie ohne Besserung der Beschwerden in Erwägung ge- zogen werden sollte. Einzige Ausnahme: Bei einer Blasen- oder Mastdarmlähmung besteht eine dringende Indikation für eine Operation.“ Akuter Bandscheibenvorfall – wie geht es weiter? Ein Bandscheibenvorfall ist zwar schmerz- haft und schränkt die Lebensqualität für eine Zeit lang ein, Panik ist allerdings fehl am Platz. Meist führen die Patienten nach der Behand- lung ein relativ beschwerdefreies Leben ohne größere Einschränkungen. „Während der aku- ten Phase eines Bandscheibenvorfalls ist zwar Schonung angebracht. Doch sobald es möglich ist, sollten sich die Patienten wieder bewegen. Das beschleunigt die Schmerzverarbeitung. Ty- pische Kontaktsportarten sollten die Betroffe- nen zunächst besser vermeiden. Gleichmäßige Belastungen wie beim Schwimmen, Radfahren, Nordic Walking und Skilanglauf dagegen sind unbedingt empfehlenswert“, erklärt Dr. Buch- holz. „Sind die Patienten wieder beschwerde- frei, sind auch belastende Sportarten wie Ten- nis und Ballsportarten erlaubt.“ „Und selbst ein sichtbarer akuter Band- scheibenvorfall kann häufig mit kon- servativen Methoden so gut behandelt werden, so dass der Patient damit gut leben kann.“ Was schützt unsere Bandscheiben? Wie bei allen Rückenleiden ist die Vermeidung von Fehlhaltungen und einseitigen Belastun- gen die beste Prophylaxe. „Besonders Dreh- bewegungen unter Last können zu einem Bandscheibenvorfall führen. Zusätzlich sollte der Rücken gut trainiert und Übergewicht vermieden werden. Ein Bandscheibenvor- fall ist selten ein monokausales Geschehen, meist spielen verschiedene Auslöser eine Rolle. Auch ein rückengerecht gestalteter Arbeits- platz kann wesentlich dazu beitragen, einen Bandscheibenvorfall zu verhindern. Besonders wichtig ist Bewegung. Ein Aktiv-Bürostuhl in Kombination mit einem Steh-Sitz-Arbeitsplatz sorgt im Büro für mehr Bewegung und damit für einen rückenfreundlichen Arbeitstag“, so Dr. Buchholz. „Generell sollte so viel Aktivität wie möglich in den Alltag integriert werden. Helfen können dabei Alltagsgegenstände, die aufgrund ihrer rückengerechten Konstruktion bzw. deren Anwendung den Rücken unterstüt- zen und zu Haltungswechseln anregen. Das AGR-Gütesiegel ist dabei eine gute Orientie- rungshilfe“, rät er. Die Wirbelsäule und ihre Bandscheiben Unsere Wirbelsäule ist eine perfekt aufein- ander abgestimmte Stützkonstruktion aus Wirbelkörpern, Facettengelenken (bewegli- che Gelenke der Wirbelsäule), Bandscheiben, Muskeln, Sehnen und Bändern. Insgesamt 24 freie Wirbel bilden zusammen mit den beiden verschmolzenen Wirbeln Steißbein und Kreuzbein und den 23 Bandscheiben die charakteristische Doppel-S-Form. Die Krümmung der Wirbelsäule im Bereich des Nackens und der Lende wird als Lordose be- zeichnet, die Krümmung der Brustwirbel- säule nach hinten nennt man Kyphose. Die Gesamtbeweglichkeit sowie das funktionelle Bewegungsausmaß der Wirbelsäule als Funk- tionseinheit und als Organ der aufrechten Haltung werden über die Facettengelenke ge- regelt. Je eine Bandscheibe befindet sich als elastisches Bindeglied zwischen zwei freien Wirbeln. Sie setzen sich aus einem festen äu- ßeren Ring mit hintereinander geschichteten Faserstrukturen und einem innenliegenden Kern aus Gallertmasse, der hauptsächlich aus Wasser besteht und deshalb als Stoßdämpfer fungiert, zusammen. Wenn die Bandschei- be belastet wird, verliert sie an Flüssigkeit und schrumpft. Über Nacht saugen sich die Bandscheiben wieder mit Flüssigkeit voll und regenerieren sich. Die Aufnahme und Abgabe von Flüssigkeit versorgt die Bandscheibe mit Nährstoffen. Tägliche Belastungen sind dem- nach entscheidend für eine optimale Nähr- stoffversorgung. Eine ständige Überlastung ohne Phasen der Regeneration ist allerdings schädlich für den Bandscheibenstoffwech- sel. Täglich vollbringen unsere Bandscheiben Höchstleistungen. Es ist kaum vorstellbar, aber wenn wir einenWasserkasten von ca. 20 kg falsch heben, also mit gestreckten Beinen und gekrümmtem Oberkörper, lastet auf eini- gen unserer Bandscheiben ein Druck von über 300 kg. Übrigens: Wenn wir die natürlichen Körperhaltungen Liegen, Stehen und Sitzen miteinander vergleichen, so wird im Liegen der geringste Druck auf die Bandscheiben ausgeübt und im Sitzen der größte. Entschei- dend ist, dass wir regelmäßig unsere Haltung ändern, denn Abwechslung kombiniert mit viel Bewegung ist die beste Vorbeugung ge- gen Rückenschmerzen. Grafik: Rückenschule Hannover Foto: © Vasyl / Fotolia

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