agr-magazin-31
18 BÜRO Nackenschmerzen Schulterschmerzen Armschmerzen Magenschmerzen Kreuzschmerzen Schmerzen in den Beinen 18 Foto: © glisic_albina / Fotolia Immer mehr Menschen verbringen den Großteil ihres Tages im Sitzen. Die Anzahl der Bildschirmar- beitsplätze steigt seit Jahrzehnten stetig an und auch in der Freizeit dominiert Sitzen den Alltag vieler Menschen. Diese Entwicklung bleibt nicht folgenlos: Vor allem in Kombination mit Bewe- gungsmangel kann die einseitige Haltung zu schmerzhaften Rückenbeschwerden und im Zuge un- günstiger Stoffwechselbedinungen weiteren degenerativen Erkrankungen führen. Dazu kommt: Durch stundenlanges und monotones Sitzen wird das Gehirn nicht ausreichend mit Sauerstoff und wichtigen Nährstoffen (Hormone, Proteine) versorgt. Geistige Funktionen bauen ab, Auf- merksamkeit, Konzentration, Leistungsfähigkeit nehmen spürbar ab und die Produktivität lässt nach. Kein Wunder, dass Schlagzeilen wie diese zunehmen: „Sitzen ist das neue Rau- chen“, „Sitzen ist tödlich“ oder „Sitzen macht dumm“. Orthopäden, Bewegungs- und Ar- beitswissenschaftler fordern deswegen mehr körperliche Aktivität, die in den (Büro-) Alltag integriert wird. Das heißt mehr Sitzhaltungswechsel, mehr Sitz-Steh-Dynamik und mehr Be- wegung in den uns zu Verfügung stehenden Räumen. Eine Faustregel lautet: 50 Prozent sitzen, 25 Prozent stehen und 25 Prozent bewegen. In der Konsequenz: Mehr Sitzdynamik während des Sitzens und deutlich weniger Sitzzeiten. Die gute Nachricht: Industrie und viele Arbeitgeber haben die empirisch belegten Daten zu den folgenschwe- ren Auswirkungen der dauerhaft sitzenden Arbeitshaltung bereits erkannt. Um den komplexen Zivilisati- onserkrankungen vorzubeugen und die „Workability“ (Arbeitsfähigkeit) der Menschen aufrechtzuerhalten, sind die nachfolgenden geprüften und zertifizierten Empfehlungen für verhältnispräventive Lern-, Büro- und Freizeiträume von grundlegender Bedeutung. Die produktspezifischen Funktionen verfolgen den Anspruch, bedarfsgerechte und damit physiologische Verhaltensweisen weitgehend zu ermöglichen. Vom statisch-passiven zum aktiv dynamischen Sitzen Unumstritten ist, dass der Sitzarbeitsplatz ne- ben dem Arbeitstisch immer noch die Basis jeder Büroausstattung bzw. jedes Heimarbeits- platzes ist und trotz allermahnendenHinweise, dass wir für das längere Sitzen nicht geschaffen sind, auch in Zukunft eine dominante Rolle ein- nehmenwird. Allerdings setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass regelmäßige Bewe- gung für den Erhalt unserer körperlichen und geistigen Funktionen elementar ist und somit ein (Büro-) Stuhl, der bewegungsfördernde Funktionen aufweist, immer mehr an Bedeu- tung gewinnt. So ist es nicht nur wichtig, dass (Büro-) Stühle allein auf die Körperproportionen der Nutzer anpassbar sind, ein Stuhl sollte die natürlichen und spontanen Sitzpositionsveränderungen der Nutzer zulassen und diese sogar fördern. Aktive und dynamische Sitzkonzepte unter- stützen ein koordiniertes Zusammenspiel von Beinen, Becken, Wirbelsäule, Schultern und Kopf. Dadurch werden y physiologische Haltungswechsel unter- stützt y körpereigene (senso-neuro-muskuläre) Regelkreisläufe gefördert y die Bandscheiben permanent mit Nähr- stoffen versorgt y die komplexen Rückenmuskeln stimu- liert y die mehr als 100 Gelenke an der Wirbel- säule in Bewegung gehalten y die inneren Organe dynamisch aktiviert y die Blutzirkulation und damit die Sauer- stoffversorgung optimiert y Hirnstoffwechselprozesse und damit Aufmerksamkeit und Konzentration aufrechterhalten Gesundes Sitzen auf rücken- freundlichen (Büro-) Stühlen Jeder Stuhl, der für eine bestimmte Sitzphase besessen wird, sollte in seiner Form und Funk- tion so konzipiert sein, dass dessen Nutzung unsere Gesundheit nicht gefährdet. Ein „ergo- dynamischer“ (Büro-) Stuhl entspricht dem persönlichen Sitzkomfort bzw. Sitzbedarf und lässt natürliche rhythmische Be- und Entlas- tungswechsel auch im Sitzen zu. Ein solches physiologisches Sitzverhalten trägt entschei- dend dazu bei, dass unsere derzeit zivilisations- bedingte Bewegungsarmut verringert wird. In den letzten Jahren haben sich die ergonomi- schen Anforderungen an (Büro-) Stühle deut- lich verändert.Zielte der klassische (Büro-) Stuhl auf die optimale Abstützung der Oberschenkel, des Gesäßes und des Rückens ab, so steht heu- te die Anforderung nach aktiven und variablen Sitzhaltungswechseln im Vordergrund. Die meisten Hersteller von (Büro-) Stühlen haben die auf wissenschaftlichen Daten basierenden physiologischen Erfordernisse nach intuitiven und bedarfsgerechten Sitzhaltungswechseln in technische Sitzfunktionen umgesetzt, so dass es inzwischen eine Vielfalt an (Büro-) Stühlen gibt, die diesem Anspruch weitestgehend ent- sprechen. Da Nutzerbedürfnis, Nutzungsdauer und individuelles Wohlbefinden wichtige Aus- wahl-Parameter darstellen, unterteilen wir un- sere Sitzmöbelempfehlungen in unterschied- liche Kategorien. Diese sollen bei der Auswahl helfen, denn beim passenden Stuhl kommt es auch darauf an, wo er zu Einsatz kommen soll. Sitzen, stehen und bewegen – für einen gesunden Rücken Dr. Dieter Breithecker Vorstandsmitglied im ForumGesunder Rücken – besser leben e.V. Sportwissenschaftler Präsident der Bundesarbeitsgemein- schaft für Haltungs- und Bewegungsför- derung e.V. www.haltungbewegung.de Zur Person
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2Mzcy