AGR aktuell Ausgabe 73

Interdisziplinäre Fachbeiträge 22 AGR aktuell 2025/73 | Aktion Gesunder Rücken e. V. Rückenschmerzen gehören zu den häufig- sten gesundheitlichen Beschwerden in der modernen Arbeitswelt. Nach aktuellen Daten des DAK-Gesundheitsreports (2023) sind Muskel-Skelett-Erkrankungen, insbesondere Rückenschmerzen, eine der Haupt- ursachen für Arbeitsunfähigkeitstage. Die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) setzt häufig auf Zuschüsse für Fitnessstudios oder Gesundheitskurse. Doch Untersuchungen zeigen, dass sie damit vor allem diejenigen erreichen, die ohnehin bereits aktiv sind, während andere Gruppen kaum von solchen Programmen profitieren (Raspe et al. 2021). Ein nachhaltiger Ansatz zur Rückengesundheit sollte daher direkt im Arbeitsalltag ansetzen und drei zentrale Säulen vereinen: { Bewegung – Dynamik in den Büroalltag integrieren: regelmäßige aktive Pausen zur Entlastung der Wirbelsäule { Entspannung – Stress abbauen, um muskuläre Verspannungen und psychische Belastungen zu vermeiden { Ergonomie – Arbeitsplatzgestaltung optimieren, um Überlastungen und Fehlhaltungen zu reduzieren Erst das Zusammenspiel dieser drei Faktoren reduziert dauerhaft durch Büroarbeit bedingte Beschwerden. Ständiges Sitzen und Stress belasten den Rücken Langes Sitzen gilt als eigenständiger Risikofaktor für Rückenbeschwerden. Eine Meta-Analyse von van der Velde et al. (2017) zeigt, dass bereits vier Stunden ununterbrochenes Sitzen die Bandscheiben schlechter mit Nährstoffen versorgt. Zudem belegen Studien, dass kurze, regelmäßig durchgeführte Bewegungseinheiten während der Arbeit effektiver sind als ein abendliches Training im Fitnessstudio (Dunstan et al. 2021). Nicht nur körperliche Inaktivität, sondern auch Stress und mentale Anspannung verstärken Rückenprobleme. Laut dem biopsychosozialen Modell von Waddell (2004) tragen psychische Belastungen wie hoher Arbeitsdruck zur Chronifizierung von Rückenschmerzen bei. Ein interdisziplinärer Ansatz zur Rückengesundheit sollte daher auch gezielte Entspannungstechniken beinhalten. Höhenverstellbare Schreibtische, ergonomische Stühle und optimierte Bildschirmhöhen sind essenziell für einen gesunden Arbeitsplatz. Doch selbst die beste Ergonomie kann fehlende Bewegung nicht ersetzen. Eine perfekte Sitzhaltung bleibt dennoch statisch und führt langfristig zu Muskelermüdung. Laut einer Studie von Wilke et al. (2020) führt langes Sitzen zu einer reduzierten Muskelaktivität in der Lendenwirbelsäule. Bewegungspausen fördern Produktivität am Arbeitsplatz Ein häufiges Argument gegen Bewegungspausen ist die Sorge um Zeitverlust und reduzierte Arbeitsleistung. Doch zahlreiche Studien zeigen das Gegenteil: Eine Studie von Krajewski et al. (2019) belegt, dass kurze Bewegungspausen während der Arbeit die Produktivität um bis zu zwölf Prozent steigern können. Laut einer Untersuchung der University of Illinois (2020) verbessern regelmäßige Bewegungspausen die kognitive Leistungsfähigkeit um 15 Prozent. Der volkswirtschaftliche Schaden aufgrund von Fehltagen und Produktionsausfall durch arbeitsbedingte Rückenschmerzen beträgt in Deutschland jährlich über 49 Milliarden Euro (BAuA 2022). » Die drei Säulen der Rückengesundheit: Bewegung, Entspannung und Ergonomie Unerlässliche Schlüssel für einen nachhaltigen Büroalltag Julia Waibel I Geschäftsführerin Office Vitality, Sport- und Gymnastiklehrerin, Expertin für Ergonomie und Rückengesundheit

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