Interdisziplinäre Fachbeiträge 18 AGR aktuell 2024/72 | Aktion Gesunder Rücken e. V. Rudern ist eine anspruchsvolle Sportart, die nicht nur körperliche Ausdauer, sondern auch eine optimale Sitzposition erfordert. Viele Rudersportler klagen über Schmerzen am Gesäß und in den Beinen, die durch standardisierte Sitze in modernen Booten verursacht werden. Diese Sitze berücksichtigen kaum die individuelle Biomechanik und Bedürfnisse der Athleten. Um dieses Problem zu lösen, hat der Deutsche Ruderverband (DRV) in Kooperation mit der Technischen Hochschule Ulm (THU) das Projekt „ErgoSeat“ ins Leben gerufen. Es gibt bereits eine Vielzahl an Sportgeräten mit dem Gütesiegel „Geprüft & empfohlen“ der Aktion Gesunder Rücken e. V. Dazu zählen unter anderem Gymnastikbälle, Balancekissen, Schwingstäbe sowie Trainingsröhren, die ich selbst in meinem Rückentraining verwende. Diese Tools dienen in erster Linie einem adäquaten Kraft- und Koordinationstraining. Die Ausdauer wird im Hometraining genauso wie im Fitnessstudio hingegen in der Regel an diversen Kardiogeräten trainiert. Unbequeme Sitze führen zu Verspannungen Dazu gehören Fahrradergometer, Laufband, Stepper, Crosstrainer oder auch Ruderergometer. Ein Kardiogerät wird im Vergleich zu einem Kraftgerät meist viel länger in Anspruch genommen. Es besteht ein erheblicher Unterschied darin, ob ein Sportler 15 bis 20 Minuten am Latzug sitzt oder 45 bis 90 Minuten auf einem Ruderergometer verbringt. Die Standardsitze bei den meisten Geräten sind häufig auf die durchschnittliche Hüftbreite eines Mannes ausgelegt. Frauen haben daher generell eine ungünstige Voraussetzung. Dazu kommt, dass die Sitze von Haus aus sehr hart sind. Dieses Problem lässt sich jedoch mit einem speziellen Sitzkissen mindern. Wenn man jedoch für längere Zeit auf einem Sitz verweilt und allmählich Schmerzen auftreten, vielleicht sogar Taubheitsgefühle in Gesäß oder Beinen, neigt man oft dazu, eine Schonhaltung einzunehmen. Diese kann nach dem Training zu Verspannungen führen. Ob Freizeit- oder Leistungssportler, eine Verbesserung der Sitzqualität ist erforderlich. Mein Tipp: vor dem Kauf eines Ruderergometers ein Probetraining über 45 bis 60 Minuten und die Verwendung einer speziellen Sitzauflage. Die Entwicklung ergonomischer Sitze Seit 2020 arbeitet Michael Bartsch, unter der Leitung von Prof. Dr. Manuela Boin und Prof. Dipl.-Ing. Gottfried Goebel, an einem Prozess zur Herstellung individueller Rudersitze, basierend auf Druckmessungen. Ziel ist es, ergonomische Sitze zu entwickeln, die den spezifischen Anforderungen der Sportlern gerecht werden. Mein Glück ist es nun, als erster deutscher Soloruderer beim härtesten Ruderrennen der Welt, dem „World’s Toughest Row – Atlantic“, von diesem Programm zu profitieren. Am 12. Dezember 2024 werde ich von La Gomera aus starten und etwa 5.000 Kilometer bis nach Antigua rudern. Dabei werde ich täglich 12 bis 14 Stunden auf einem Rudersitz verbringen. Ein individuell angepasster, ergonomischer Sitz wird mir hier eine enorme Entlastung bieten. Für diesen außergewöhnlichen Einsatz stellte die THU bereits zwei Prototypen für meinen Ruderergometer her. Zunächst wurden Druckverteilungsmessungen auf einem Ruderergometer durchgeführt, um die Druckverteilung auf dem Sitz während des gesamten Bewegungsablaufs zu beobachten. Die gewonnenen Messwerte wurden mittels eines ausgeklügelten Algorithmus in Koordinaten überführt. Anhand dieser Daten wurden die neuen Sitzflächen per computergestütztem Design (CAD) konstruiert und im 3D-Druckverfahren >> Das Projekt „ErgoSeat“ Eine Kooperation des Deutschen Ruderverbandes mit der Technischen Hochschule Ulm zur Entwicklung ergonomischer Rudersitze Martin Stengele I Sporttherapeut, Sport Mental Coach, AGR-Experte für Ergonomie und Rückengesundheit
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