AGR aktuell Ausgabe 70

25 Interdisziplinäre Fachbeiträge AGR aktuell 2023/70 | Aktion Gesunder Rücken e. V. die Sicherheit von Menschen bei der Ausübung von beruflichen Tätigkeiten zu verbessern. Das Hauptziel der Neuro-Ergonomie ist es, ein besseres Verständnis für die kognitiven Prozesse, die Wahrnehmung, das Verhalten und die Interaktionen des Menschen mit seiner Arbeitsumgebung zu gewinnen. Durch die Anwendung neurowissenschaftlicher Erkenntnisse können Arbeitsplätze, Werkzeuge und Systeme so gestaltet werden, dass sie den kognitiven Fähigkeiten und den Grenzen des menschlichen Gehirns gerecht werden. Einige wichtige Aspekte der Neuro-Ergonomie sind: { Aufmerksamkeit und kognitive Belastung: Untersuchung der Auswirkungen von Aufgaben und Arbeitsbedingungen auf die kognitive Belastung und die Aufmerksamkeit des Menschen. { Entscheidungsfindung: Erforschung, wie Menschen Entscheidungen treffen und wie Arbeitsumgebungen gestaltet werden können, um optimale Entscheidungsprozesse zu unterstützen. { Stress und Beanspruchung: Untersuchung von Stressfaktoren am Arbeitsplatz und Strategien zur Stressbewältigung, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter zu verbessern. { Mensch-Computer-Interaktion: Analyse der Interaktionen zwischen Menschen und computergestützten Systemen, um die Benutzerfreundlichkeit und Effizienz zu verbessern. { Arbeitsorganisation und -gestaltung: Entwicklung von optimalen Arbeitsbedingungen, um die Produktivität, Sicherheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu fördern. { Eignungsdiagnostik: Nutzung von neurowissenschaftlichen Methoden zur Bewertung von individuellen Fähigkeiten und Eigenschaften für spezifische berufliche Tätigkeiten. Neuro-Ergonomie bietet großes Potenzial für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsergebnisse in den unterschiedlichsten Bereichen. Durch die Integration von neurowissenschaftlichen Erkenntnissen können Arbeitsplätze sicherer, effizienter und angenehmer gestaltet werden, was zu einer gesteigerten Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter führt. Um die Situation in Büros oder im Home-Office ganzheitlich zu verstehen, muss auch das Zusammenspiel zwischen Gehirn und Muskulatur analysiert werden, da dieses von entscheidender Bedeutung für jegliche Bewegungen und Muskelaktivitäten im Körper ist. Denn es ermöglicht uns, unsere Muskeln präzise zu steuern, um verschiedene Aufgaben zu erfüllen, sei es einfache alltägliche Bewegungen wie Gehen, Greifen und Sitzen oder komplexe motorische Fähigkeiten wie Tanzen oder Sporttreiben. Hier ein kurzer Überblick über das Zusammenspiel zwischen Gehirn und Muskulatur: { motorisches Kontrollzentrum im Gehirn: Die motorische Kontrolle wird haupt- sächlich durch Bereiche im Gehirn ausgeübt, die als motorischer Kortex bezeichnet werden. Der primäre motorische Kortex, der sich in der Großhirnrinde befindet, ist für die Generierung von willkürlichen Bewegungen verantwortlich. Weitere Regionen des Gehirns, wie das Kleinhirn und die Basalganglien, sind ebenfalls an der Koordination und Feinabstimmung von Bewegungen beteiligt. { Planung und Ausführung: Wenn wir uns entscheiden, eine Bewegung auszuführen, sendet das Gehirn elektrische Impulse entlang der Nervenbahnen, die als motorische Neuronen bezeichnet werden. Diese Impulse erreichen die Muskulatur und führen dazu, dass sich die Muskelfasern zusammenziehen, wodurch die gewünschte Bewegung ausgeführt wird. { sensorisches Feedback: Während der Bewegung liefert das sensorische System kontinuierlich Informationen an das Gehirn über den Fortschritt der Bewegung und die Position der Gliedmaßen im Raum. Dieses Feedback ist entscheidend für die Anpassung und Feinabstimmung der Bewegungen, um sicherzustellen, dass sie präzise und angemessen sind. { Lernen und Anpassung: Das Gehirn kann Bewegungen durch Lernen und Erfahrung verbessern. Wenn wir eine bestimmte Bewegung häufig wiederholen, entwickeln sich neuronale Verbindungen im Gehirn, die diese Bewegung effizienter machen. Dieser Prozess wird als motorisches Lernen bezeichnet und trägt dazu bei, dass wir Bewegungen automatisch und geschmeidig ausführen können. { Reflexe: Neben der willkürlichen Steuerung von Bewegungen gibt es auch Reflexe, die schnelle, unwillkürliche Reaktionen auf bestimmte Reize ermöglichen. Reflexe sind oft Schutzmechanismen, die den Körper vor möglichen Gefahren schützen, indem sie blitzschnelle Reaktionen auf potenziell schädliche Stimuli auslösen, noch bevor das Gehirn die Informationen vollständig verarbeitet hat. Insgesamt bildet das Zusammenspiel zwischen Gehirn und Muskulatur die Grundlage für unsere motorischen Fähigkeiten und ermöglicht es uns, unsere Umwelt zu erkunden, Aufgaben zu erfüllen und in der Welt aktiv zu sein. Büromenschen haben in den Sitzphasen in der Regel ein Defizit an relevanten Bewegungsinformationen für eine optimale Steuerung des sensomotorischen Systems. Physiologische Bewegungsprogramme sind das Ziel Gesteuert werden die Muskeln durch Gehirn und Nervensystem, welche parallel Informationen aus unzähligen Bewegungsrezeptoren, Augen, Gleichgewicht, Tastsinn und einigen weiteren Quellen verarbeiten und daraus passende Bewegungs- oder im Falle vom Bürositzen hauptsächlich Halte- und Stabilisierungsprogramme generieren. Der Vorteil von solchen körpereigenen motorischen Programmen ist, dass sie ohne

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