AGR aktuell Ausgabe Frühjahr 2023

Berichte aus den Verbänden 30 AGR aktuell 2023/69 | Aktion Gesunder Rücken e. V. >> „Rückenschmerzen müssen ganzheitlich betrachtet werden“ 350.000 Patientinnen und Patienten nach dem ANOA-Konzept behandelt Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V. AGR: Herr Dr. Holtschmit, Sie haben während Ihrer langjährigen Karriere zusammen mit Ihrem Klinikteam rund 40.000 Patientinnen und Patienten mit Rückenbeschwerden gesehen und behandelt. Was haben Sie dabei erlebt? Dr. Holtschmit: Nun, grundsätzlich kann ich sagen, dass leider das Wissen zum Thema Rückenschmerzen auch in den 2020er Jahren noch ausgesprochen eingeschränkt ist. Sowohl beim betroffenen Patienten als auch bei vielen Ärzten. In anderen Worten: Pauschal zu sagen‚ „Sie haben chronische Rückenschmerzen, da hilft nur eine OP“, ist definitiv die falsche Herangehensweise. Rückenschmerzen müssen ganzheitlich betrachtet werden, schließlich haben diese in der Regel vielfältige, das heißt multifaktorielle Gründe. Dennoch wird heute mehr denn je operiert ... Das ist korrekt. Die Zahl der Operationen sowie der Eingriffe an der Wirbelsäule steigt Rückenschmerzen sind mittlerweile Volkskrankheit Nummer eins in Deutschland. Gut jeder vierte Bundesbürger ist betroffen und sucht mindestens einmal pro Jahr wegen dieses Leidens am Bewegungssystem einen Arzt auf. Doch werden Schmerzen am Rücken immer richtig behandelt? Und was sollten betroffene Patienten tun, wenn sie ihre chronischen Schmerzen nicht mehr in den Griff bekommen? Wo finden sie nachhaltige Hilfe? Orthopäde Dr. Jan Holger Holtschmit, seit 20 Jahren Chefarzt der Abteilung für Konservative Orthopädie (Marienhaus Klinikum St. Wendel-Ottweiler) und ergänzend hierzu Präsident der Arbeitsgemeinschaft nicht operativer orthopädischer manualmedizinischer Akutkliniken (ANOA), gibt Auskunft. kontinuierlich. Um ein paar Fakten zu nennen: Zwischen 2006 und 2020 hat sich die Zahl der Eingriffe an der Wirbelsäule in deutschen Krankenhäusern von rund 380.000 auf gut 800.000 mehr als verdoppelt. Zugleich wurden 2020 gut 70 Prozent mehr Operationen an der Wirbelsäule durchgeführt als 14 Jahre zuvor. Das ist alles in allem keine gute Entwicklung. Denn viele Rückenoperationen sind überflüssig. Nicht wenigen Patienten geht es hinterher nicht besser, sondern schlechter. Und warum wird dann überhaupt so oft der operative Weg gewählt? Weil man in unserem Gesundheitssystem mit Operationen viel Geld verdienen kann ... Das heißt, Patientinnen und Patienten lassen sich auch gerne darauf ein, wenn ihnen vom Arzt beziehungsweise in der behandelnden Klinik eine Operation vorgeschlagen wird? Leider ist das oftmals so. Was aus Patientensicht durchaus nachzuvollziehen ist: Wer über einen langen Zeitraum unerträgliche Schmerzen hat, ist irgendwann bereit, alles zu versuchen, um endlich schmerzfrei zu sein. Die OP wirkt dabei oftmals wie ein Rettungsanker. Ein großer Irrtum. Denn, wie gesagt, werden bei einer Operation ja die multifaktoriellen Gründe der Beschwerden überhaupt nicht angegangen. Oftmals ist der Patient wenige Wochen oder Monaten nach der Behandlung dann wieder am Ausgangspunkt – und leidet unter starken Schmerzen. Was genau sind denn die von Ihnen erwähnten „multifaktoriellen Gründe“ für Rückenbeschwerden? Der allgemeine Bewegungsmangel zum Beispiel, das ständige Sitzen am Arbeitsplatz, psychische Belastungen wie Stress oder Sorgen und zuletzt natürlich auch der Umgang mit den eigenen Beschwerden. Sprich: Welche Einstellung der Patient zu den eigenen AGR im INTERVIEW mit Dr. Jan Holger Holtschmit, Chefarzt der Abteilung für Konservative Orthopädie am Marienhaus Klinikum St. Wendel-Ottweiler, Präsident der ANOA Dr. Jan Holger Holtschmit, Präsident der ANOA

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