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70 AGR aktuell 2022/67 | Aktion Gesunder Rücken e. V. sich auch die meditativen Bewegungsformen aus Asien als durchaus wirksam zur Linderung von Rückenproblemen erwiesen. Yoga, ursprünglich Teil der orthodoxen indischen Philosophie, fokussiert heute meist auf Yogahaltungen, ergänzt durch Atemtechniken und/oder meditative oder Entspannungsübungen. Eine große Analyse von 27 Studien mit fast 3.000 Rückenschmerzpatienten zeigte, dass Yoga unspezifischen Rückenschmerz sowohl kurz- als auch langfristig wirksam reduzieren kann. Außerdem konnte ein positiver Einfluss auf Nackenschmerzen und auch die mentale Gesundheit nachgewiesen werden (Anheyer et al. 2022). Ebenso effektiv sind die Bewegungsübungen des Tai Chi Chuan bzw. Qi Gong, die der Traditionellen Chinesischen Medizin zugeordnet werden. Diese Methode stärkt die Beweglichkeit, Funktionalität und Balance, sofern die Übungen mit einer leichten bis mittleren Übungsintensität, langsamen Körperbewegungen und unter Atemkontrolle durchgeführt werden. Eine Analyse von elf Studien mit fast 900 Patienten belegt die wirksame Schmerzlinderung und Besserung der Einschränkung durch die Schmerzen (Zhang et al. 2019). Das Praktizieren von Yoga und Tai Chi/Qi Gong mit Dehn- und Streckübungen, mit Innehalten und Selbstbeobachtung und intensiven Atemübungen kann genauso wie Sport zur Schmerzlinderung empfohlen werden. Dies wird auch in der aktuellen Nationalen Versorgungsleitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz (NVL) mit einer „Soll angewendet werden“-Empfehlung untermauert (Bundesärztekammer 2017). Säule 2 – Ernährung Welche Rolle Übergewicht bei der Entstehung und Verschlimmerung von Rückenschmerzen spielt, braucht hier sicher nicht weiter behandelt werden! Neben der rein physikalischen Anstrengung für die Wirbelsäule, den Rumpf zu stabilisieren, kommt der Ernährung selber eine wichtige Rolle zu. Die zugeführten Nährstoffe haben Einfluss auf die Muskulatur und den Knochenaufbau, hemmen oder fördern Entzündungsprozesse und lagern sich unter anderem im Bindegewebe ab. Eine entzündungshemmende Ernährung – eine, die reich an Obst, Gemüse, magerem Protein wie Fisch und Hühnchen und gesunden Fetten wie Nüssen und Olivenöl ist – kann helfen, Entzündungen im Körper einzudämmen, die chronische Schmerzen verschlimmern können, einschließlich Rückenschmerzen (Field et al. 2021). Zu viel industriell verarbeitete Lebensmittel, zu viel Süßes und zu viel Weizen können zu einer Übersäuerung der Knorpelbandstrukturen führen. Die Folge ist eine Lockerung des Kapselapparates in den kleinen Gelenken – und schließlich der Bandscheiben. Säule 3 – Heilkräuter In der NVL wird Weidenrinde mit dem Hauptwirkstoff Salicylsäure als mögliches Schmerzmittel mit einer „Kann angewendet werden“-Empfehlung aufgeführt (Bundesärztekammer 2017). Eine Tagesdosis von 240 mg lindert Rückenschmerzen besser als ein Placebo. BeimVergleich mit einem konventionellen Schmerzmittel waren beide Präparate gleich wirksam. Wie bei jedem Medikament muss auch bei pflanzlichen Arzneien auf die nötigen Qualitätsstandards und auf mögliche Nebenwirkungen (hier gastrointestinale Symptome, allergische Reaktionen) geachtet werden. Weidenrinde kann zudem die Wirkung von Blutverdünnern verstärken. Von der Einnahme von Teufelskralle wird in der Leitlinie wegen der schlechten Studienlage abgeraten. Die Daten ergeben eine Schmerzreduktion bei 50 oder 100 mg/Tag, die methodische Qualität genügt jedoch nicht. Zur äußeren Anwendung eignen sich Capsaicinpflaster oder -cremes. Die Leitlinie gibt auch hier eine „Kann“-Empfehlung. Zu beachten sind jedoch kurzzeitige Überempfindlichkeitsreaktionen auf der Haut. Über Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ist bislang nichts bekannt (Bundesärztekammer 2017). Beinwellhaltige Creme wird in der Leitlinie nicht empfohlen, da es bis heute nur eine kleinere Studie zur Wirksamkeit von Beinwell bei Rückenschmerzen gibt. Es konnte zwar gegenüber Placebo eine kurzfristige Schmerzlinderung erzielt werden, für eine Empfehlung reichen diese Daten aber nicht aus (Bundesärztekammer 2017). Säule 4 – Wasser Die Wassertherapie, auch Hydrotherapie, verbinden wohl die meisten Deutschen mit Sebastian Kneipp. Kaltwasser- (Wassertreten) aber auch Wärmereize (Sauna mit anschließendem Kaltreiz) stärken das Immunsystem, senken den Blutdruck und verbessern den Schlaf etc. Zur Bekämpfung von Rückenschmerzen können sowohl Güsse (dicker Wasserstrahl) als auch Wickel- und Auflagen zur Anwendung kommen. Der blutdrucksenkende Effekt des Kaltreizes fördert die Blutzirkulation, verbessert die Durchblutung im schmerzhaften Areal, was zu Muskelentspannung und damit einer Schmerzlinderung führen kann (Weston et al. 1994). Einen ähnlichen Effekt erzielt man auch mit dem Baden in warmem/heißem Wasser. Hier wird die Blutzirkulation durch die Erwärmung der Haut direkt angeregt (Bender et al. 2005). Der Blutdruck wird dadurch allerdings eher erhöht. In der NVL findet die Hydrotherapie im Kapitel zu Bewegungstherapie Erwähnung, das auch Wassergymnastik etc. berücksichtigt. Da positive Effekte nachweisbar sind und die Anwendungen nebenwirkungsarm sind, empfehlen sich Kalt- und Warmwasserreize durchaus zur Linderung von Rückenschmerzen. Säule 5 – Balance/Innere Ordnung Bei der Frage nach der inneren Ordnung geht es um die Strukturierung der äußeren und inneren Lebensordnung, das heißt um die Frage, wie der Mensch seinen Lebensalltag gestaltet. Ziel ist die Entwicklung gesundheitsfördernder Haltungen und Verhaltensweisen imAlltag, um unter anderem die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die allgemeine Stressbewältigungsfähigkeit zu verbessern. Auch und gerade zu Schmerzbewältigung werden achtsamkeitsbasierte Interventionen untersucht und eingesetzt. Die sogenannte Mindfulness-Based-Stress-Reduction (MBSR), die in einem mehrwöchigen Programm sowohl Bewegung als auch beispielsweise Meditation, Achtsamkeit vermittelt, hat in einer Analyse mit knapp 900 Patienten mit Kreuzschmerzen gezeigt, dass kurzfristige Linderung der Schmerzen erzielt werden kann, doch ist die Datenlage noch nicht befriedigend

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