agr-aktuell-67

19 Interdisziplinäre Fachbeiträge AGR aktuell 2022/67 | Aktion Gesunder Rücken e. V. zahl, wodurch sich beispielsweise die Elastizität der Arterien verbessert (Cavero-Redondo et al. 2018). Die Schrittzahl wird heutzutage über Beschleunigungssensoren in drei Bewegungsrichtungen gemessen. Die meisten neueren Geräten erfüllen diese Funktion gut, zumal einige dieser Uhren inzwischen auch noch über weitere Sensoren verfügen, wie zum Beispiel Lagesensoren. Je nach Tragemöglichkeit kann die Genauigkeit der Sensoren zwar variieren, praktisch gesehen lässt sich mit ihnen die körperliche Aktivität anhand der Schrittzahl aber relativ zuverlässig messen. Motivation lässt im Laufe der Zeit nach Studien haben jedoch gezeigt, dass die Motivation zu Aktivitäten durch das Tragen von Schrittzählern limitiert und nur wenig nachhaltig ist. Bei Interventionen mit Schrittzählern ist die Abbruchrate (Dropout) aus unterschiedlichsten Gründen hoch – nach einem Jahr nutzen im Schnitt nur noch 18 Prozent der Personen ihren Schrittzähler. Die Gründe reichen von umständlichem Aufladen oder Synchronisieren mit der App bis hin zu Datenschutzbedenken. Des Weiteren muss der Nutzer die Technologie auch akzeptieren (Hermsen et al. 2017, Piwek et al. 2016). Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die sich nur bewegen, eben weil sie ihre körperliche Aktivität aufzeichnen (Attig u. Franke 2019). Diese unterschiedlichen Einstellungen zum Tracking spiegelten sich auch bei den Kongressteilnehmern wider, wie die angeregte Abschlussdiskussion zum Vortrag zeigte. Als zweites Beispiel dient der Personal- Activity-Index für körperliche Aktivität. Diesem Index unterliegt ein Algorithmus, der von der Norwegian University of Science and Technology auf Basis von zwei großen Kohorten-Studien entwickelt wurde. Veränderungen der Herzfrequenz oder der Pulswerte werden umgerechnet und in den einfachen Index überführt. Nimmt dieser einen Wert von über 100 pro Woche an, geht er mit einer Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme und einem niedrigen kardiovaskulären Erkrankungsrisiko einher. Die Studienautoren orientierten sich bei der Entwicklung des Per- sonal-Activity-Index an den offiziellen Empfehlungen der WHO für körperliche Aktivität. Der Index ist damit unabhängig von einer bestimmten Aktivität , wie zum Beispiel von absolvierten Schritten. Er könnte somit möglicherweise mehr Potenzial besitzen, Menschen zu motivieren, körperlich aktiv zu werden und es auch nachhaltig zu bleiben. Eine Herausforderung für den Nutzer stellt jedoch die individuelle Herangehensweise dar (Nes et al. 2017). Hinzu kommt, dass die Messung der Herzfrequenz mit Activity Trackern über Pulswerte amHandgelenk mit optischen Messsensoren zwar bei ruhigen Aktivitäten praktikabel ist, bei höheren Intensitäten jedoch ungenauer wird – vor allem, wenn die Tracker locker getragen werden (Naumann et al. 2019). Auf zukünftige Studien zur Nachhaltigkeit von Aktivitäten durch Messung über den Physical-Activity-Index dürfen wir gespannt sein. Nachhaltigkeit steigern In Zukunft werden sicher auch weitere Nachhaltigkeitsstrategien im Hinblick auf Activity Tracker zum Einsatz kommen. Ein großes Forschungsthema ist diesbezüglich die personalisierte Gamifikation und der Einsatz nutzerzentrierter Apps. Gamifikations-Apps sind Apps, die Erfolge honorieren und das Erreichen von Zielen sowie die sozialen Komponenten im Austausch mit anderen Nutzern fördern sollen. Durch den personalisierten Einsatz soll der Nutzer – je nach dessen Vorlieben – langfristig zu mehr Bewegung motiviert werden (Cho et al. 2021). Bei nutzerzentrierten Apps ist die entsprechende App auf eine spezielle Nutzergruppe fokussiert. Es gibt zum Beispiel erste Ansätze und Studien zu arbeitsplatzzentrierten Apps, die individuell auf das Unternehmen zugeschnitten sind, sodass interne Bewegungs-Challenges für ein Mehr an körperlicher Aktivität am Arbeitsplatz sorgen (Vyas et al. 2020). Fazit Als Fazit konnten alle mitnehmen, dass Activity Tracker sinnvoll sind, um einen guten Überblick über die körperliche Aktivität des Nutzers pro Zeiteinheit zu erhalten, sie aber nicht von jedem akzeptiert werden. Zudem ist das Nutzungsverhalten sehr individuell. Tracking kann also ein Bewusstsein über körperliche Aktivität schaffen, aber nicht jede Person wird dadurch nachhaltig motiviert. Probieren auch Sie als Leser der AGR aktuell solche Fitnesstracker aus und machen Sie sich ein eigenes Bild davon. Mein persönliches Fazit zur Veranstaltung: Der FOT-Kongress als Präsenzveranstaltung war für mich persönlich eine schöne Abwechslung zu den in 2020 meist digitalen Veranstaltungen. Er lebte sehr von dem Austausch mit den interessierten Teilnehmenden während der Abschluss- diskussion und von den persönlichen Gesprächen mit den anderen Referenten aus meiner Session. Insgesamt war die Veranstaltung somit eine runde Sache! Mein Dank geht daher an die FOT und die AGR, die mir die Teilnahme als Referentin für rückengerechte Verhältnisprävention ermöglichten. Für Interessierte empfehle ich den 66. FOT Kongress in Jena – sei es als Teilnehmende oder Vortragende. Literatur >> Nes et al. Personalized activity intelligence (PAI) for prevention of cardiovascular disease and promotion of physical activity. Am J Med 2017; 130(3): 328–36. >> Hermsen et al. Determinants for sustained use of an activity tracker: observational study. JMU 2017; 5(10): e164. >> Rodrigues et al. Enabling technologies for the internet of health things. IEEE Access 2018; 6: 13129–41. >> Cavero-Redondo et al. Steps per day and arterial stiffness: systematic review and meta-analysis. Hypertension 2019; 73(2): 350–63. >> Attig C, Franke T. I track, therefore I walk – Exploring the motivational costs of wearing activity trackers in actual users. Int J Hum Comput Stud 2019; 127: 211–24. >> Vyas et al. More than step count: designing a workplace-based activity tracking system. Pers Ubiquit Comput 2020; 24(5): 627–41. >> Cho et al. Gamified Wearable Fitness Tracker for Physical Activity: A Comprehensive Literature Review. Sustainability 2021; 13(13): 7017. >> Nauman et al. Personal activity intelligence (PAI): a new standard in activity tracking for obtaining a healthy cardiorespiratory fitness level and low cardiovascular risk. Prog Cardiovasc Dis 2019; 62(2): 179–85. ' Kontaktinformationen Jana Palmowski, M.Sc. Freiberufliche Sportwissenschaftlerin 31675 Bückeburg Tel.: 0152 07507186 Janaskinesiology@gmail.com Jana Palmowski

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