agr-aktuell-66

57 Berichte aus den Verbänden AGR aktuell 2021/66 | Aktion Gesunder Rücken e. V. richtigen Sitzens. 2020 erstellte der Fachbe- reich unter den Umständen, dass nahezu alle Büro-Beschäftigten ins Homeoffice geschickt wurden, gemeinsam mit dem Fachbereich Psyche die VDSI-Information „03-2020 – Mobi- les Arbeiten Zuhause“. Diese für die Gesamt- gesellschaft relevante Information wurde erstmalig auch Nichtmitgliedern zur Verfü- gung gestellt. Das Werk zeigt auf, wie sicher und gesund in Zeiten von COVID-19 im „Home- office“ gearbeitet werden kann und enthält ebenso einen praktischen Part mit Good- Practice-Beispielen. Allgemein geht es im betrieblichen Alltag im Zusammenhangmit einemgesundenMuskel- Skelett-System nicht nur um das richtige Sitzen, Stehen, Heben, Tragen etc. bei den ver- schiedensten Tätigkeiten. Der Mensch bewegt sich inzwischen insgesamt, also auch außer- halb der Arbeitstätigkeit, zu wenig. Eine be- wegte Pause zu implementieren, zum Beispiel im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsför- derung, kann daher nur ein Anfang sein. Denn das reicht nicht aus, um die unbewegten Stunden zu kompensieren. Moderne Konzepte für mehr Bewegung Die ständige Verbesserung für noch mehr Effizienz, hat uns den Arbeitsplatz immer mehr optimieren und auch bewegungsärmer werden lassen. Alles Wichtige ist zum Beispiel in greifbare Nähe gerückt oder heutzutage sowieso direkt per PC abrufbar. Effizienz aber ist nicht gleich Effektivität. Wissen wir doch inzwischen auch, dass Bewegung nicht nur dem Rücken guttut und die Menschen mobil, sondern auch geistig fit hält. Eine körperlich unbewegte Arbeitsweise wirkt sich langfris- tig auch negativ auf die Leistungsfähigkeit aus und zieht weitere Erkrankungen nach sich. Equipment, die den sitzend Tätigen mehr Bewegung verschafft, wie verstellbare Schreibtische, Bürostühle, die sich mit dem Körper bewegen etc., sind daher ein absolu- tes Muss, jedoch lange nicht ausreichend. Viel wesentlicher ist es, Strukturen zu schaf- fen und die Räumlichkeiten so zu gestalten, dass sie wieder bewegender sind und zudem dazu beitragen, ein an der Aufgabe orien- tiertes Arbeiten zu ermöglichen. Funktional ausgestattete Arbeitsplätze mit Stillarbeits- räumen und Kommunikationsflächen sorgen da alleine schon für mehr Bewegung, da die Beschäftigten den Arbeitsplatz wechseln. Der Fachbereich Gesundheitsmanagement ist hier gefragt mit seinem Managementansatz: Wie können gesundheitsrelevante Themen über Strukturen und Prozesse innerbetrieblich implementiert werden? K. Niemer berichtet, dass Rückenschmerzen im Jahr 2016 eine der teuersten Erkrankungen waren (9 Mrd. Euro und davon 85 Prozent auf sekundäre Kosten entfallend, also Produktionsausfälle etc.). 1 Es ist also durchaus lohnend für Betriebe, sich dem Thema Rückengesundheit auf Mana- gementebene zu widmen, statt die Beschäf- tigten nur mit Rückenschul-Gutscheinen im lokalen Fitnessstudio auszustatten. Zudem nimmt der Anteil der alternierend Arbeiten- den stetig zu und es ist notwendig, Konzepte zu entwickeln, die über einen ergonomisch eingerichteten Telearbeitsplatz – der Verhält- nisprävention – hinausgehen. Die große Frage ist, wie Beschäftige zu mehr bewegungsförderlichem Verhalten angeregt werden können. Innerhalb der Organisation etablieren sich gerade Raumkonzepte mit Installationen, die zum Bewegen auch im Vor- übergehen oder beimWarten anregen. Klang- körper hängen zum Beispiel auf einem langen Flur von der Decke und laden zum Sichstre- cken ein, Klimmzugstangen im Kopierraum verkürzen das Warten etc. Das nennt man „Nudging“ und ist das leichte Anstupsen. In diesem Fall das Anregen zu etwas mehr Be- wegung während einer Tätigkeit. Auch wenn es nur ein Impuls ist, hat es langfristig eine hohe Wirkung, wenn es dadurch zu einer täglichen Routine wird. Wenn es dann noch Spaß macht, erhält das Thema Bewegung insgesamt wieder mehr Aufmerksamkeit und die Bewegungseinheiten im Arbeitsalltag nehmen automatisch zu. Präventionskultur schafft ein Bewusstsein für Rückengesundheit Der Fachbereich Präventionskultur beschäf- tigt sich mit diesem verhaltensbasierten An- satz für mehr Sicherheit und Gesundheit auf der Kulturebene. Durch stetiges positives und konstruktives Feedback beschäftigen sich Mit- arbeitende freiwillig und (vergleichsweise) gerne mit sicherheits- und gesundheitsrele- vanten Themen allgemein und der Rückenge- sundheit im Besonderen. Eine gesunde und sichere Kultur wirkt dann natürlich auch auf die außerhalb der Organisation Arbeitenden, werden diese in dem Prozess entsprechend eingebunden und mitgenommen. Psyche und Körper beeinflussen sich gegenseitig Bewegung, Rückengesundheit, MSE – wie man es auch nennt, wer sich nicht bewegt, dem schlägt es langfristig aufs Gemüt. Der Fachbereich Psyche beschäftigt sich aus diesem Blickwinkel mit dem Thema. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass regelmäßi- ge körperliche Aktivitäten eine emotionale bzw. psychische Fehlbeanspruchung mindert und sich positiv auf gewisse Krankheitsbilder auswirkt. Es verringert zum Beispiel affektive Störungen und Depressionen. Der VDSI geht hier dem interdisziplinären An- satz nach und möchte auf diese Art undWeise und durch gemeinsame Anstrengungen der unterschiedlichen Fachbereiche das Beste zu diesem und vielen weiteren Themen für seine Mitglieder zur Verfügung stellen. Weitere Infos finden sich auf der Website des VDSI: www.vdsi.de 1 Niemer K. Funktionserkrankungen des Bewegungssystems: Versuch einer epidemiologischen Beschreibung. Manuelle Medizin 2021; 59: 12–18. ' Kontaktinformationen VDSI – Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz e. V. Petra Zander Leitung des Fachbereichs Psyche des VDSI Geschäftsführende Gesellschafterin der Wachstum für Mensch und Organisation GmbH Tel.: 0611 15755-0 info@vdsi.de https:/ vdsi.de Petra Zander

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2Mzcy