agr-aktuell-64
53 Berichte aus den Verbänden AGR aktuell 2020/64 | Aktion Gesunder Rücken e. V. >> Bewegungsmangel für Groß und Klein Die Tücken von Homeoffice und Schulausfall Dorothea Haslinger I freiberufliche Physiotherapeutin Was ist mit uns passiert? Hat uns COVID-19 die Bewegung genommen? Wie viel Bewe- gung hatten Patienten vor der Krise? Uns Physiotherapeutinnen und -therapeuten fällt auf, dass durch die Ausgangseinschrän- kungen, die immer wieder notwendig waren, die Bewegungsmotivation bei sehr vielen Menschen geringer wurde – oder ganz ver- schwand. Auch die Arbeitswelt hat sich stark verändert. Das Büro wurde zum Homeoffice oder der Betrieb hat Kurzarbeit angemeldet. Die veränderte Arbeitssituation hat dazu ge- führt, dass sich die Menschen seltener bewe- gen. Im Homeoffice fällt nicht nur der Arbeits- weg weg, sondern auch der Weg zum Drucker, zu anderen Kollegen oder zur nächsten Besprechung. Die Treppe zur anderen Abtei- lung oder einfach nur der Weg zum Treffpunkt Kaffeemaschine: All das fällt aus – und ins Ge- wicht. Diese vertrauten, fast unauffälligen Be- wegungsmöglichkeiten gibt es zuhause nicht. Rückenschmerzen sind nur eine der Folgen. Was tun? Der Rat an Patientinnen und Patienten kann lauten: Beginnen Sie den Arbeitstag im Homeoffice mit einem Arbeitsweg. Schlüpfen Sie nach dem gewohnten Frühstück in die Straßenschuhe und drehen Sie eine Runde um den Häuserblock oder, wenn möglich, eine kurze Runde im Grünen. Während der Arbeit unterbrechen Sie die Tätigkeit am gut eingerichteten Büroarbeitsplatz mit demWeg zur Küche, um etwas zu trinken. Nutzen Sie Treppen in Ihrer Nähe, ummanchmal auf- und abzugehen und denken Sie an ein paar Streck- und Dehnübungen, um die Muskulatur zwi- schendurch mit neuen Aufgaben zu fordern. Nach dem Mittagessen können Sie, sofern es Ihre Zeit erlaubt, wieder eine kurze Bewe- gungseinheit an der frischen Luft abhalten. Und am Nachmittag? Wieder kurze Pausen mit Ausgleichsbewegungen, die Sie fit und konzentriert bleiben lassen. Versuchen Sie, die Arbeitszeit einzuhalten und Überstunden zu vermeiden. Wichtig ist, Bewegung in den Tagesablauf einzuplanen. Schritte zählen, Stu- fen steigen, Aktivität im Haushalt und Spazie- rengehen: Unsere Beweglichkeit zu erhalten, ist eine große Aufgabe, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Es ist ratsam, Bewegungspro- gramme aufzubauen und unseren täglichen Bewegungsbedarf zu decken. Hier können Physiotherapeuten und -therapeutinnen Un- terstützung geben, denn ein individuelles Übungsprogramm ist sinnvoll. Ein solches hilft auch, um Herz und Kreislauf fit zu halten. Bewegung für die Kleinen Kinder konnten während der Corona-Maßnah- men nicht regelmäßig in den Kindergarten oder in die Schule gehen. Sie hatten keinen Schulweg und keine Bewegungspausen, keinen Sport im Unterricht. Vereine haben die Aktivitäten abgebrochen oder nur unter Einschränkungen angeboten. So blieb für die Kinder lediglich das Zuhause, das aber man- gels Platz oder Zeit nicht ausreicht, um den kleinen Leuten ausreichend Bewegung zu ermöglichen. Vom Austoben ist keine Rede mehr. Dabei ist Bewegung so wichtig, sei es für die Konzentration, das Wachstum, die Freude oder einfach nur die Zufriedenheit. Auch Jugendliche brauchen ausreichend Be- wegung mit Freunden im Verein oder einfach so im Park, im Schwimmbad, in der Turnhalle oder auf dem Fußballfeld. Durch den Wegfall des Schulweges, der eine Strecke ist, die zu Fuß, mit dem Rad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigt wird, entfiel au- ßerdem ein Großteil der Sozialkontakte. Die soziale Bindung an die Nachbarschaft gerät ins Wanken. Es ist zu bedenken: Durch Bewe- gung kommt es zu Kontakten – und gerade diese sollen derzeit, bedingt durch COVID-19, vermieden werden. Kinder lernten, dass Be- wegung und soziale Kontakte verknüpft und unerwünscht sind. Lassen Sie uns Acht geben, dass diese Verbindung in den Kinderköpfen wieder aufgelöst wird. Kinder brauchen Bewe- gungsräume, auch in Zeiten von Corona. Hier bleibt die Natur, die Wiese, der Wald, um aktiv zu sein. Wir brauchen wieder Kreativität, um die normalen Bewegungsräume abseits der Spielplätze neu zu entdecken. Kinder tun sich leichter, sie können in der Natur viele Dinge neu entdecken. Mit dem Rad unterwegs, die Sportschuhe anziehen und ab nach draußen. Für Jugendliche oft eine neue Erfahrung. ' Kontaktinformationen Physio Austria, Bundesverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs 1080 Wien | Österreich | Tel: +43 15879951 office@physioaustria.at www.physioaustria.at Dorothea Haslinger
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2Mzcy