agr-aktuell-64
Neues aus der Verhältnisprävention 50 AGR aktuell 2020/64 | Aktion Gesunder Rücken e. V. Eine ungewöhnliche Biografie, eine unge- wöhnliche Idee und ungewöhnliche Ko- operationspartner führen manchmal zu ungewöhnlichen Produkten – und ein unge- wöhnliches Produkt ist der Streetstepper alle- mal! Der Tiroler Techniker Martin Buchberger erzählt uns, wie man bloß auf die Idee kom- men kann, ein Fahrrad ohne Sattel zu bauen, und was man benötigt, um ein derartig aus- gefallenes Produkt zur Serienreife zu bringen und international zu vermarkten. >> Der Streetstepper – das Fahrrad ohne Sattel Aufrechte Position verhindert Rückenschmerz AGR: Herr Buchberger, wenn man an ein Fahrrad denkt, denkt man automatisch auch an einen Sattel. Nun ist das Auffälligste beim Streetstepper, dass er keinen Sattel hat. Viele stellen sich sicher die Frage, ob … Martin Buchberger: Ob das nicht anstrengend ist, das dauernde Stehen? Ob man mit dem Streetstepper wohl längere Strecken oder gar bergauf fahren kann? Oder ob man nicht das Bedürfnis hat, sich irgendwann hinzusetzen? Genau! Da habe ich eine gute Nachricht! Wer mit einer ständig gebeugten Körperhaltung und dem Sitzen auf einem schmalen Ding, das erstaunlicherweise „Sattel“ genannt wird, keine Probleme hat, für den ist die perfekte Lösung bereits erfunden: das Fahrrad! Wer aber auf dem Fahrrad nach einigen Kilome- tern Beschwerden im Bereich des Gesäßes, in der Lendenwirbelsäule oder der Halswir- belsäule bekommt, der fragt sich eher: „Muss ich unbedingt in gebeugter Haltung und mit überstreckter Halswirbelsäule stundenlang auf einem schmalen Wulst sitzen, den ich mir freiwillig niemals als Sitzmöbel fürs Büro oder die Wohnung anschaffen würde, nur weil ich zur Arbeit oder durch die Gegend radeln will?“ Das klingt so, als ob Sie aus eigener Erfahrung sprechen … Das Mountainbike war mein bevorzugtes Sportgerät. Vor mehr als 15 Jahren musste ich das Mountainbiken aber aufgeben, weil ich nach immer kürzerer Zeit Beschwerden in der Lendenwirbelsäule und vor allemmit dem Sattel bekam – letztlich hat mein Orthopäde gemeint, ich solle doch das Mountainbiken aufgeben. Aber deswegen entwickelt man doch nicht gleich ein völlig neues Sportgerät. Wie kam es dazu? Der Auslöser war eine Beobachtung imFitness- studio. Ich habe bemerkt, dass ich bei gleicher Herzfrequenz auf dem Stepper eine höhere Leistung erreiche als auf dem Ergometer. Das hat meinen Erfindergeist angestachelt. Die ersten Prototypen waren in der Werkstatt meines Vaters schnell zusammengebastelt. Und schnell war auch klar: Ein „Stepper für die Straße“ braucht unabhängige Pedalen und ein Getriebe, das einen progressiven Widerstand über den Stepphebelhub bereit- stellt – die Hauptmerkmale des Streetstepper- Antriebs. Das klingt sehr technisch. Sie haben ja Ma- schinenbau studiert – ohne technische Basis wäre so eine Entwicklung wohl nicht umsetz- bar. Aber wie wurde aus dem Streetstepper ein marktreifes Produkt? Zuerst ist mir ein Geldgeber über den Weg gelaufen, der die ersten Schritte zum Serien- produkt ermöglicht hat. Der entscheidende Schritt war aber die Partnerschaft mit einer schwäbischen Unternehmerfamilie, die mit der „Hermann Blechtechnik“ und der der Mountainbike-Schmiede „Hot Chili“ das nöti- ge Know-how für die Serienentwicklung eines innovativen Fahrrades einbrachte. Mittlerwei- le ist die Streetstepper GmbH an den Standort in Schorndorf bei Stuttgart übersiedelt, und der Streetstepper ist ein tirolerisch-schwä- bisches Produkt geworden, welches wir seit 2008 in der dritten Modellgeneration ent- wickeln, herstellen und vermarkten. Bleibt die Frage, ob es nicht anstrengend ist, dauernd zu stehen … Für einen passionierten Radfahrer ist es an- fangs zumindest ungewohnt. Wer aber drei Stunden spazieren gehen oder wandern kann, kann auch drei Stunden streetsteppen. Anstrengend wird‘s naturgemäß, wenn man AGR im INTERVIEW mit Martin Buchberger, Streetstepper
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ2Mzcy