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51 Interdisziplinäre Fachbeiträge AGR aktuell 2020/63 | Aktion Gesunder Rücken e. V. Vor allem wenn dieses Ideal nicht anzutref- fen ist, lohnt es sich, dieses durch die eigene Grundhaltung zu vermitteln. Welche gesundheitsfördernden Maßnahmen eignen sich? In Bezug auf die Therapiemaßnahmen sollte man sich unter anderem Gedanken zu folgen- den Fragen machen: Welche Vorteile bietet unser Arbeitsrahmen und wo liegen seine Grenzen? Welche Ziele lassen sich zufrieden- stellend realisieren? Wir haben versucht, diese Fragen zu beantworten und stellen die Ergebnisse zur Diskussion: Viele unserer Klienten freuen sich auf den Reha-Aufenthalt. Sie kommen raus aus der alltäglichen Belastung und mit etwas Ab- stand zum teils sehr stressigen (Berufs-)Alltag lassen Beschwerden oft schnell nach. Hinzu kommt noch ein straffes Sportprogramm, das einige der Klienten schon seit Jahren in dieser Intensität nicht mehr wahrgenommen haben. Doch wie lange hält die erreichte Linderung an? Und wie kann man Nachhaltigkeit för- dern? Drei kurze exemplarische Fallbeispiele mit fol- gender Ausgangssituation sollen dazu heran- gezogen werden: { { Herr A. lebt seit zehn Jahren in Deutsch- land. Er arbeitet in einem Lager. Dadurch, dass er nur schlecht deutsch spricht und versteht, kommt es ihm gelegen, dass er bei der Arbeit wenig mit anderen Angestell- ten kommunizieren muss und zieht sich eher zurück. Jeden Monat schickt er seiner Familie in der Heimat so viel Geld wie mög- lich, „damit es ihnen gut geht“. { { Frau B. ist 59 Jahre alt. Sie hat schon jahre- lang Rückenschmerzen. Mittlerweile begin- nen auch noch die Knie zu schmerzen und dies trotz bereits vier vorheriger Rehabilita- tionsaufenthalte. Sie arbeitet als Küchen- hilfe und es gelingt ihr kaum noch, die schweren Töpfe zu transportieren. Ihr Leben empfindet sie zunehmend frustrie- render. { { Herr C. ist 32 Jahre alt. Seine berufliche Tätigkeit ist technischer Zeichner. Er stellt viele Fragen zu seiner Situation, fordert viel Hilfestellung ein und möchte wissen, wie er seinen Alltag möglichst ergonomisch gestalten kann. Er ist mit seiner Frau und seinem zweijährigen Sohn gerade erst in ein Haus gezogen und möchte möglichst schnell „in sein altes Leben“ zurück. Folgende Möglichkeiten zur Therapiegestal- tung bieten sich jeweils an: { { Herr A. könnte in eine Gruppentherapie mit Bewegungsangeboten eingeteilt werden. Er nimmt Kontakt zu anderen Patienten auf, kooperiert mit diesen und lernt durch Ausprobieren Defizite aufzuarbeiten. Dies könnte sein Wohlbefinden und Selbst- wertgefühl steigen. Zu Hause wäre er aus eigenem Antrieb wahrscheinlich nicht zum Sport gegangen. Die Rehabilitation hat des- halb einen positiven Effekt und er findet möglicherweise ein neues Hobby. { { Frau B. leidet unter chronischen Schmer- zen. Da sie inzwischen Angst hat, sich zu bewegen, versuchen wir ihr positive Bewe- gungserfahrungen zu vermitteln und arbei- ten an ihrer Bewegungsakzeptanz. Auch die Gespräche mit den anderen Klienten helfen ihr. Ob sie im Anschluss des dreiwöchigen Aufenthaltes wieder angstfrei ihre schwe- ren Töpfe tragen kann, bleibt fraglich. Ein EFL-Test (EFL = Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit) zur Untersuchung ihrer körperlichen Belastbarkeit wurde vom Arzt eingeplant und könnte bei der Orientierung helfen. { { Bei Herrn C. ist ein sehr alltagsnahes Trai- ning möglich. Er profitiert von Anregungen für einen „Bewegten Alltag“ und einer Bera- tung zur Arbeitsplatzgestaltung. Er macht sich Notizen und nimmt wichtige Informa- tionen mit nach Hause. Selbstorganisiert ist er sehr motiviert, diese umzusetzen. Überlegungen, Gedankenanstöße, Zusammenfassung Leider bleibt vor allem in Gruppentherapien und weit entfernt vom individuellen Arbeits- alltag die ergonomische Beratung sehr ober- flächlich, ungenau und lückenhaft. Grund- sätzlich kann der Sozialdienst bei Bedarf un- terstützen, einen ergonomischen Bürostuhl oder auch einen höhenverstellbaren Schreib- tisch zu beantragen. Doch vielleicht wären ein zusätzliches Stehpult und eine Stehhilfe viel Martina Ecker

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