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Interdisziplinäre Fachbeiträge 40 AGR aktuell 2020/63 | Aktion Gesunder Rücken e. V. „Obwohl ich tagsüber nur sitze, kann ich mich am Abend vor Rückenschmerzen kaum noch bewegen“, beklagt sich Herr Müller, Taxifahrer aus Tübungen, bei seiner Physiotherapeutin. Patienten, die solche Aussagen machen, sind in Physiotherapiepraxen oft anzutreffen, denn Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich zählen zu den häufigsten Gesundheitsproblemen unter der weltweit erwerbsfähigen Bevölkerung. Mit dieser Frage setzten sich auch drei Physiotherapeuten im Rahmen einer For- schungsarbeit auseinander und entwickel- ten ein spezielles Präventionsprogramm für die Berufsgruppe der Berufskraftfahrer. Es besteht aus sechs Übungen, welche auf wis- senschaftlichen Erkenntnissen beruhen und zur Vorbeugung von Rückenbeschwerden im Lendenbereich beitragen. Dabei werden be- stimmte Bauch- und Rückmuskeln gekräftigt und eine bessere Versorgung der Bandschei- ben mit Nährstoffen unterstützt. Das Übungs- programm lässt sich ohne großen Aufwand in nur zehn Minuten im Fahrzeug absolvieren. Bevor die Übungen durchgeführt werden kön- nen, muss das Fahrzeug auf einem ausgewie- senen Parkplatz abgestellt werden, der Motor ausgeschaltet und die Handbremse angezo- gen sein. Nachdem der Sicherheitsgurt gelöst wird, der Fahrersitz so weit wie möglich nach hinten verschoben wurde und die Rückenleh- ne in eine aufrechte Position eingestellt ist, kann mit den Übungen begonnen werden. >> Übungsprogramm Dieses Übungsprogramm sollte zur Präventi- on von Rückenschmerzen mindestens einmal am Tag durchgeführt werden. Übung 1 – Die Beckenwippe Setzen Sie sich ganz an den vorderen Rand des Fahrersitzes und achten Sie darauf, dass Sie aufrecht sitzen. Überkreuzen Sie Ihre Arme vor der Brust und legen Sie die Hände auf den Schultern ab. Nun kippen Sie Ihr Be- cken abwechselnd nach vorne und nach hin- ten. Führen Sie diese Übung 15-mal aus und machen Sie anschließend eine kurze Pause. Wiederholen Sie diese Übung insgesamt drei Mal. Ziel dieser Übung ist, die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule zu fördern und somit eine bessere Versorgung der Bandscheiben mit Nähstoffen zu gewährleisten. Übung 2 – Der Knieschub Begeben Sie sich in die gleiche Ausgangsposi- tion wie bei Übung 1 und schieben Sie nun ab- wechselnd beide Knie nach vorne und wieder zurück. Dadurch kommt es zu einer abwech- selnden Drehung im unteren Rückenbereich. Achten Sie darauf, dass sich der Oberkörper nicht mitdreht. Führen Sie diese Übung 15- mal aus und machen Sie anschließend eine kurze Pause. Wiederholen Sie diese Übung insgesamt drei Mal. Ziel dieser Übung ist es ebenfalls, die Beweglichkeit der Lendenwir- belsäule zu aktivieren und die Rumpfmusku- latur auf die weiteren Stabilisationsübungen vorzubereiten. Übung 3 – Bauch einziehen Begeben Sie sich in die gleiche Ausgangsposi- tion wie bei Übung 1. Richten Sie erneut Ihren Oberkörper auf und kippen Sie Ihr Becken ein klein wenig nach hinten. Ziehen Sie nun die Bauchdecke etwas ein, indem Sie sich vorstel- len, dass der Bauchnabel in Richtung Rücken- lehne wandert. Dabei ist es wichtig, dass Sie nur sehr wenig den Bauch einziehen, sodass Sie ruhig weiteratmen können, und auf keinen Fall die Luft anhalten. Diese Bauchspannung halten Sie nun zehn Sekunden lang. Machen Sie anschließend eine kurze Pause. Wiederho- len Sie diese Übung insgesamt drei Mal. Mit dieser Übung aktivieren Sie am effektivs- ten die wichtigsten Bauch- und Rückenmus- keln, welche zur Stabilisierung der Lendenwir- belsäule beitragen. >> Ohne Rückenbeschwerden hinter dem Steuer Ein Übungsprogramm für Berufskraftfahrer Rosario Morreale I Master of Science in Therapiewissenschaften, Physiotherapeut (B. A.) Statistische Zahlen belegen, dass Wirbelsäu- lenbeschwerden jährlich für 3,7 Millionen Krankschreibungen und 75,5 Millionen Tage Arbeitsunfähigkeit in Deutschland verant- wortlich sind. Spitzenreiter der betroffenen Berufsgruppen ist die der Berufskraftfahrer. Dazu zählen Taxifahrer, Handelsvertreter, Bus- fahrer, Lkw-Fahrer und viele andere, die täglich länger als vier Stunden mit ihren Fahrzeugen unterwegs sind. Langes Sitzen belastet die Bandscheiben Forscher haben mehrere Ursachen für die Entstehung von Rückenbeschwerden bei Be- rufskraftfahrern untersucht und sie sind sich einig, dass neben den Vibrationen, die sich während des Fahrens auf den Körper des Fahrers übertragen, auch das stundenlange Sitzen in einer, mehr oder weniger, starren Zwangshaltung die Wirbelsäule stark belas- tet. Die Bandscheiben, die als Stoßdämpfer zwischen den einzelnen Wirbeln fungieren, werden nicht mehr optimal mit Nährstoffen versorgt und kommen ihrer Aufgabe als Puffer nicht mehr nach. Die Bauch- und Rückenmus- keln, die wie ein Stützkorsett die Wirbelsäule stützen, werden schwach und können eine Stabilisierung der Lendenwirbelsäule nicht mehr optimal gewährleisten. Mit nur zehn Minuten Bewegung im Fahrzeug vorbeugen Der Rücken braucht Bewegung! Über diese Aussage gibt es keinen Zweifel. Es ist längst er- wiesen, dass Bewegung zur Gesunderhaltung der Wirbelsäule beiträgt. Welche Möglichkei- ten bieten sich aber einem Berufskraftfahrer, der aus beruflichen Gründen mehrere Stun- den in seinem Fahrzeug verweilen muss? 1. 2. 3

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