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39 Interdisziplinäre Fachbeiträge AGR aktuell 2020/63 | Aktion Gesunder Rücken e. V. Beide Ergebnisse bilden die Grundlage für die Bewertung mittels eines Scores, der zwischen 1.0 (Minimum: deutlich unter Normbereich) und 5.0 (Maximum: deutlich über Normbe- reich) liegt. Über die Hälfte zeigt Defizite Die Auswertung zeigt, dass mit 53,45 Prozent über die Hälfte der Teilnehmer unterdurch- schnittliche oder gar deutlich unterdurch- schnittliche Ergebnisse erzielte, was auf Defizite der Ansteuerungsfähigkeit und/ oder der Haltekraftausdauer schließen lässt. Ergebnisse innerhalb des Normalbereichs erreichte knapp ein Viertel (24,20 Prozent), weitere 22,35 Prozent der Teilnehmer zeigten überdurchschnittlich oder weit überdurch- schnittliche Ergebnisse. Die differenzierte Auswertung nach Geschlecht (296 Frauen und 299 Männer) und Alter (Mittelwert: 41,19 Jah- re) zeigte keine signifikanten Unterschiede, weshalb davon ausgegangen wird, dass sich dieses Ergebnisbild bei Frauen und Männern und in allen Altersklassen etwa gleicherma- ßen zeigt. Insgesamt muss also bei ungefähr jedem zweiten Erwachsenen von Defiziten hinsichtlich des Einsatzes der tiefen Nacken- flexoren ausgegangen werden, und dass die- se wichtige Ressource zur Haltungskontrolle weitgehend ungenutzt ist. Sensibilisieren, anleiten, motivieren, integrieren, etablieren Aus diesen Befunden ergeben sich klare An- sätze und ein entsprechendes Potenzial für konkrete Maßnahmen, mit dem Ziel, die An- steuerungsfähigkeit und Haltekraftausdauer zu schulen. Die gesundheitliche Relevanz ge- zielter Verbesserungsmaßnahmen zeigt sich gerade im Zusammenhang mit Bildschirm- arbeit und der zunehmenden Nutzung von Datensichtgeräten. Es ist daher nicht verwun- derlich, dass sich Begriffe wie „Handy-Nacken“ oder „Text-Neck“ im Fachjargon bereits eta- bliert haben. Neben der Messung dieser Fähigkeiten wer- den beim Einsatz des IPN Neck-Check® ins- besondere auch didaktische Ziele verfolgt: So werden die Teilnehmer innerhalb der Be- ratung sensibilisiert und über ein noch recht unbekanntes Thema informiert. Sie erfühlen die gezielte Ansteuerung der Tiefenmuskula- tur unter Biofeedback-Bedingungen und er- lernen gezielte Übungen mit Trainerkontrolle, die sie jederzeit in Alltag, Beruf und Freizeit einsetzen können. Hier wird anhand einer in- dividuellen Beratung und Schulung einfacher Bewegungsaufgaben angesetzt, denn die Be- lastung der Halswirbelsäule endet nicht am Arbeitsplatz, sondern geht mit dem Einsatz von Tablets und Handys darüber hinaus in der Freizeit weiter. Zur Unterstützung der Nach- haltigkeit erhalten alle Teilnehmer Zugang zu einem Online-Trainingsportal, in dem ein indi- vidueller Trainingsplan mit Videosequenzen abgerufen werden kann. Im Rahmen der Be- ratungsgespräche wurde auch deutlich, dass sich der Einsatz gezielter Übungen lohnt: So gab ein Großteil der 53 Teilnehmer mit sehr guten Testergebnissen an, dass sie bereits spezielle Übungen durchführten, was sich in der gesamten Testdurchführung und insbe- sondere im Ergebnis widerspiegelte. Fazit und Ausblick Die Autoren sind sich bewusst, dass mit dem beschriebenen Einsatz des IPN Neck-Check® nur einer von mehreren möglichen Wegen zur Prävention und Linderung von Schulter- Nacken-Beschwerden beschritten wird. Aller- dings scheint gerade der Fokus auf den ge- zielten Einsatz der tiefen Nackenflexoren vielversprechend, da entsprechende Übun- gen den meisten Menschen noch weitge- hend unbekannt sind und diese Ressource derzeit entsprechend wenig genutzt wird. Hinzu kommt, dass Maßnahmen zur Akti- vierung, Stabilisierung und Kräftigung in der Regel positiv wahrgenommen werden, während Maßnahmen, wie zum Beispiel die Einschränkung der Nutzung von Datensicht- geräten, eher als Restriktion angesehen werden. Inwieweit dieser Ansatz wirksam ist sollen zukünftige Studien mit höheren Fallzahlen zeigen. In diesem Rahmen setzt das IPN in Zukunft auch auf den Einsatz fahr- zeugunabhängiger IPN Neck-Checks® und die weitere Auswertung von Praxiserfahrungen. ' Kontaktinformationen Pascal Fuhrmann Institut für Prävention und Nachsorge (IPN) 50996 Köln pascal.fuhrmann@ipn.eu www.ipn.eu Auswertung des IPN Neck-Check®: Mehr als die Hälfte der Teilnehmer weisen Defizite der tiefen Nackenflexoren auf.

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