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45 AGR aktuell 2019/62 | Aktion Gesunder Rücken e. V. Berichte aus den Verbänden Schmerz wird in unserer Gesellschaft als ein negatives Phänomen wahrgenommen. Dabei hat sich diese Wahrnehmung das negative Image gar nicht verdient. Wenn wir als le- bende Individuen Schmerzen nicht spüren könnten, würde sich unsere Lebenszeit mas- siv reduzieren. Ohne diese Gefahrenmeldung im Rahmen einer Verletzung, einer Infekti- on oder während einer Erkrankung wäre es dem Menschen nicht möglich, rechtzeitig die richtigen Schritte einzuleiten. Schmerz in der akuten Situation ist daher ein Schutz- mechanismus und immer von verschiedenen Komponenten geprägt. Diese Komponenten beinhalten emotionale Aspekte genauso wie biologisch-mechanische Faktoren oder das soziale Umfeld. Daher spricht man bereits seit den 1970er-Jahren vom biopsychosozia- len Denkmodell von Schmerz. >> Mehr Leid trotz Schonung? Wenn Schmerz seinen eigentlichen Sinn verliert Nach Informationen von Physio Austria – Bundesverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs Auch wenn dieses Denkmodell in den ver- schiedenenmediznisch-therapeutischenDiszi- plinen häufig noch vom rein biomedizini- schen verdrängt wird, ist sich die internatio- nale Schmerzgesellschaft IASP einig, dass nur eine Herangehensweise aus biopsychosozia- ler Sicht sinnvoll ist. Dies impliziert automa- tisch auch, dass nur eine multiprofessionelle Herangehensweise – die Zusammenarbeit verschiedener Gesundheitsberufe – in der Behandlung von Schmerzen zielführend sein kann. Neben der ärztlichen Behandlung spielt die Physiotherapie eine immer wichtiger wer- dende Rolle. Vor allem bei Schmerzen am Bewegungsapparat zeigt sich, dass Physio- therapie eine effektive Begleitung ist. Physio- therapeuten, die ihre Ausbildung im Rahmen eines dreijährigen Fachhochschulstudiums mit Bachelor-Abschluss absolvieren, nutzen zur Behandlung von akuten und chronischen Schmerzzuständen manualtherapeutische bzw. passive Maßnahmen sowie aktives Trai- ning von möglicherweise verlernten oder eingeschränkten Bewegungsmustern. Einge- schränkte Bewegungsmuster müssen nicht zwangsläufig für die vorhandenen Schmerzen verantwortlich sein, können diese allerdings aufrechterhalten. Eine große Herausforderung für alle Beteilig- ten, vor allem für die Betroffenen, stellen chro- nische Schmerzsyndrome dar. Man muss da- von ausgehen, dass Schmerz bei dieser Form der Symptomatik seine ursprünglichste, wich- tige Funktion verloren hat: die der Warnung. Unser Nervensystem, vor allem unser Gehirn, ist in der Lage, derart sensibel zu werden, dass es gar keinen mechanischen (Druck, Kräfte), chemischen (Entzündung) oder thermischen (Hitze, Kälte) Reiz mehr braucht, damit eine Alarmfunktion aktiviert wird. Ein Grund dafür sind sogenannte Sensibilisierungspro- zesse. Das bedeutet, dass man möglicher- weise mehr Schmerz verspürt, obwohl man mitunter weniger starken Reizen ausgesetzt ist. Dabei handelt es sich um hochkomplexe Vorgänge, deren komplette Klärung immer noch Gegenstand aktueller Forschung ist. Dass es zu solchen Sensibilisierungsprozes- sen kommt, scheint unterschiedliche Gründe zu haben. Psychologische Faktoren wie Angst und Depression spielen ebenso eine Rolle wie unser Immunsystemund die Zeitspanne, über die der Schmerz besteht. Physiotherapeuten wird die Aufgabe zuteil, im Rahmen eines sogenannten Clinical-Reaso- ning-Prozesses gefährliche Pathologien, soge- nannte Red-Flags, zu erkennen und im besten Fall auszuschließen. Wenn Schmerzen schon lange bestehen, ist es wesentlich, mittels des biopsychosozialen Denkmodells die jeweilige Dominanz der Teilbereiche zu beurteilen. Men- schen mit anhaltenden Schmerzsyndromen – zu den häufigsten zählt der chronische Rückenschmerz – weisen oft psychosoziale Faktoren auf. Diese können Schmerz ungüns- tig aufrechterhalten, wodurch seine bereits erwähnte eigentliche Aufgabe – die der War- nung – nicht mehr gegeben ist. Wie helfen Physiotherapeuten im Akutfall? Schmerzlindernde Maßnahmen kommen ebenso zum Tragen wie eine an die jeweilige Wundheilung angepasste körperliche Aktivie- rung. Aktives Training und edukative Maßnah- men bilden bei anhaltenden Problemen den Schwerpunkt. Dass eine passive Intervention – zum Beispiel manuelle Therapie oder die Behandlung verspannter Muskulatur – hilf- reich sein kann, ist bekannt. Langfristig erfolg- reich ist man allerdings nur, wenn der Patient stufenweise wieder Aktivitäten aufnimmt. Insgesamt ist es notwendig, solche Beschwer- den mittels eines multimodalen Zugangs zu begleiten. Daher spielt die Kommunikation zwischen den behandelnden Ärzten, Physio- therapeuten und Psychologen eine wesentli- che Rolle. ' Kontaktinformationen Physio Austria – Bundesverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs Bernhard Taxer, MSc | Physiotherapeut 1080 Wien | Österreich Tel. +43 15879951 www.physioaustria.at Bernhard Taxer
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